Süddeutsche Zeitung

Europa League:Manchester sucht Trost in Stockholm

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Der Tag des Europa-League-Finals hätte ein feierlicher für die Stadt Manchester werden sollen. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte kann Manchester United die Trophäe gewinnen. Und trotz einer durchwachsenen Saison könnte sich das Team noch für die Champions League qualifizieren, die die Mannschaft von Teammanager José Mourinho in der regulären Saison verpasst hatte. Doch der Terroranschlag von Manchester schockierte auch die United-Spieler, das Finale tritt angesichts der fürchterlichen Ereignisse in den Hintergrund. Aber Mourinho machte auch klar: "Wir haben einen Job zu erledigen und fliegen nach Schweden, um genau dies zu tun."

Das Spiel in Stockholm wird unter starken Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. Eine massive Polizeipräsenz und verstärkte Einlasskontrollen am Stadion wurden schon lange im Voraus beschlossen. Erst Ende April war Stockholm selbst Ziel eines Anschlags geworden. Aber der Kontakt zwischen der Uefa, dem schwedischen Verband und der Polizei vor Ort sei noch einmal verstärkt worden, hieß es nun.

Medienberichten zufolge soll vor dem Spiel noch ein zusätzlicher Ring an Absperrungen um das Stadion aufgebaut werden, damit die Zuschauer besser kontrolliert werden können. Vor dem Anstoß soll es eine Gedenkminute für die mindestens 22 Todesopfer des Bombenanschlags geben. Auch die Eröffnungszeremonie des Finals wird in deutlich gemäßigterer Form ablaufen als ursprünglich geplant, beide Mannschaften tragen zudem einen Trauerflor.

Die Spieler von Manchester United stehen nach dem Anschlag besonders unter Schock, weil sie erst am Dienstagnachmittag nach Stockholm flogen und die Atmosphäre in ihrer Stadt vorher noch selbst erlebten. "Ich kann nicht glauben, was letzte Nacht passiert ist", twitterte Verteidiger Daley Blind, der früher für den Endspiel-Gegner Ajax Amsterdam spielte. Offensivspieler Jesse Lingard schrieb: "Meine Gedanken und Gebete sind bei jedem, der von der Attacke auf diese schöne Stadt betroffen wurde. Wir werden in dieser schwarzen Stunde zusammenstehen."

Sportlich geht es um viel

Unter denkbar schlechten Voraussetzungen also geht es für Manchester United um nicht weniger als die Rettung einer verkorksten Saison: Der Sechste der Premier League muss gewinnen, um den Sprung in Europas Königsklasse doch noch zu schaffen. Der Sieger der Europa League darf ungeachtet der nationalen Tabellensituation in der Champions League starten. Zudem hätte United im Falle des Titelgewinns alle drei wichtigen europäischen Pokale gewonnen - wie Bayern München, Juventus Turin, der FC Chelsea und Ajax.

Vor allem einem würde das helfen: United-Trainer José Mourinho. Die erste Saison des Portugiesen als United-Coach verlief wenig erfolgreich: Trotz hochkarätiger Verpflichtungen wie Zlatan Ibrahimovic und Paul Pogba gewann Manchester unter Mourinho nur den Ligapokal. Dass der Misserfolg und die schlechte Presse auch an Mourinho nicht spurlos vorbeigehen, verdeutlichte sein Auftritt nach dem letzten Saisonspiel.

2:0 hatte United das gegen Crystal Palace gewonnen, viele Medienvertreter befanden sich noch im Innenraum des Stadions. Und Mourinho? Der ging schleunigst in den PK-Raum, erhielt angesichts gähnender Leere keine einzige Frage und verließ den Saal nach nur 23 Sekunden mit ernster Miene und den Worten: "Lasst mich nach Hause. Ich muss jetzt zum Europa-League-Finale." Vielleicht kann seine Mannschaft dort der Stadt am Fernseher also zumindest für 90 Minuten Trost spenden.

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