Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal:Brandt dreht das Spiel per Doppelschlag

Lesezeit: 3 min

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Einer der größten Fans des zuletzt viel diskutierten Dortmunder Trainers Lucien Favre ist ausgerechnet der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach, Max Eberl. Der hat in Gladbach fast fünf Jahre mit Favre zusammengearbeitet und jüngst wiederholt, dass er Favre mit Borussia Dortmund durchaus den Meistertitel zutraut. Was Eberl nicht gesagt hat, war, dass er Favre mit Dortmund auch den Pokalsieg zutraut.

Dafür hatte Eberl triftige Gründe vor dem Zweitrundenduell am Mittwochabend zwischen den beiden Borussias in Dortmund: Die Gladbacher wären nämlich lieber selbst ins Achtelfinale eingezogen, aber das hätte ja das Ausscheiden von Favre und seinen Dortmundern bedeutet. Doch der BVB hat gegen Gladbach 2:1 (0:0) gewonnen, und der nach zuletzt mauen Leistungen in die Kritik geratene Favre hat nun weiter drei Titelchancen: Meisterschaft, Pokal und Champions League. Das erleichtert vorerst seine schwierige Position.

Entscheidende Hilfe erhielt Favre dabei von seinem Angreifer Julian Brandt, der nach Gladbachs Führung in der 71. Minute mit einem späten Doppelschlag in der 77. und 80 Minute dafür sorgte, dass Dortmund im Wettbewerb bleibt und Gladbach erneut in der zweiten Runde alle Träume begraben musste. Tage, nachdem die Dortmunder schon ihr Bundesliga-Heimspiel gegen Gladbach 1:0 gewonnen hatten, waren die Westfalen auch im neuerlichen Duell obenauf.

Bei den Dortmundern fehlten in Torwart Roman Bürki (Knie), dem Abwehrchef Mats Hummels (Magen-Darm) und dem Spielgestalter Marco Reus (muskuläre Probleme) die drei wichtigsten Spieler. Bei den Gladbachern zogen sich ebenfalls mehrere Ausfälle durch alle Mannschaftsteile. Besonders schwer wog das Fehlen der Innenverteidiger Matthias Ginter (auf der Bank) und Tony Jantschke sowie der Stürmer Alassane Pléa und Breel Embolo. Beide Teams spielten also in eher ungewohnten Besetzungen und Formationen.

Favre hielt immerhin an seinem 4-2-3-1-System fest. Mittelstürmer spielte Jacob Bruun Larsen, dahinter agierte Brandt. Bei Gladbach sah alles anders aus als sonst. In einer Fünferkette spielte Denis Zakaria im Zentrum eine Art Libero, er blieb ausschließlich hinten. In der Spitze wirkten Thuram und Lars Stindl. Der Trainer Marco Rose hatte gewiss großen Spaß gehabt beim Austüfteln dieser Startelf.

Hazard trifft per Fernschuss die Latte

Das Spiel wirkte dann auch erst einmal wie eine Versuchsanordnung im Labor. Pokalabende in der Fußballprovinz haben oft einen matschigen Charakter mit viel Grätschen und Kampf, aber dieses Duell war fast die ganze erste Hälfte geradezu aseptisch. Kaum jemand ging mal zu Boden. Kein Wunder, dass die erste Chance des Spiels in der 28. Minute ein Fernschuss des Dortmunders Thorgan Hazard an die Latte war. Gladbachs weiße Montur blitzte wie in der Waschmittelwerbung.

Besser, und sogar mit Bodenkontakt, war Gladbachs erste Möglichkeit sieben Minuten vor der Pause. Stefan Lainer flankte scharf vors Tor, wo Thuram den Ball frontal und irgendwie mit dem Knie ersprang, aber am BVB-Keeper Marwin Hitz scheiterte. Allmählich bekam das Spiel einen höheren Puls, und die kurze Unterbrechung zur Pause tat dieser Entwicklung keinen Abbruch. Beim BVB machte Brandt auf der Reus-Position seine Sache gut, er suchte oft mit flachen Bällen die Räume im Rücken der Gladbacher Abwehr, aber die Gladbacher standen mit der halben Mannschaft dort hinten.

Nach einer Stunde wurde Bruun Larsen durch Achraf Hakimi ersetzt. Hakimi ging aber nach außen, während Hazard ins Zentrum rückte. Der einzige echte Strafraumspieler auf dem Platz war nun Gladbachs Thuram, der zur Flankenvollendung gern sogar im Fünfmeterraum auftaucht. Genau das tat er in der 71. Minute, als das Spiel im Grunde erst so richtig begann. Oscar Wendt hatte auf der linken Seite viel Raum zum Flanken und brachte den Ball vor das Tor, wo sich Thuram clever von seinem Bewacher Zagadou löste, sehr hoch in die Luft stieg und den Ball per Kopf zur 1:0-Führung verwertete.

Nun war Dortmunds Ehrgeiz geweckt, oder sollte man besser sagen: der Ehrgeiz von Julian Brandt. Es dauerte jedenfalls bloß sechs Minuten, ehe Brandt mit einem Schuss von der Strafraumgrenze den 1:1-Ausgleich erzielte. Der Ball wurde im Dickicht der Gladbacher Abwehr noch doppelt abgefälscht, Torwart Yann Sommer hatte keine Chance. Schließlich kam noch Mario Götze ins Spiel und brachte sogleich einen Ball hoch in den Strafraum, wo Brandt von den Gladbachern ziemlich alleine gelassen wurde und in der 80. Minute per Kopf das 2:1 erzielte. Der vormalige Leverkusener, der in Dortmund noch längst nicht etabliert ist, wurde diesmal zum Spieler des Spiels.

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Quelle:
SZ vom 31.10.2019
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