Süddeutsche Zeitung

Dortmund besiegt Málaga:"Es war kein Schiedsrichter mehr auf dem Platz"

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Enttäuschung, Fassungslosigkeit, Frust: Borussia Dortmund gewinnt die Partie gegen Málaga dank eines Tores, das nicht hätte gegeben werden dürfen. Die Spanier legen wütenden Protest ein - und Scheich Abdullah Al-Thani, Besitzer des Vereins, wittert gar eine Rassismus-Verschwörung.

Von Hendrik Buchheister, Dortmund

Der Marsch in die Umkleideräume wäre für die Profis des FC Málaga schon schwer genug gewesen. Auch ohne die Fernsehgeräte, die in den Katakomben des Dortmunder Stadions angebracht sind. 2:1 hatten die Spanier gegen den Gastgeber BVB bis kurz vor Ende des Rückspiels im Viertelfinale der Champions League geführt. In Gedanken waren sie schon bei der Auslosung der Halbfinals oder zumindest bei der Feierstunde mit den mitgereisten Fans. Doch innerhalb von vier epochalen Minuten gelangen den Dortmundern zwei Treffer. 2:3! Aus im Viertelfinale! Durch einen Abseitstreffer in letzter Sekunde!

Und dann auch noch das: "Wir haben die entscheidende Szene auf dem Weg in die Kabine gesehen", berichtete Málagas Stürmer, der ehemalige Bayern-Profi Roque Santa Cruz, "es ist hart, so zu verlieren." Auf dem Weg unter die Dusche sahen die Spieler aus Málaga nämlich Folgendes: Bei Robert Lewandowskis Flanke vor dem entscheidenden Treffer von Felipe Santana befanden sich gleich vier Spieler des BVB in der verbotenen Zone: Marco Reus, Julian Schieber, Neven Subotic und eben Santana. Schon hier hätte Schiedsrichter Craig Thomson abpfeifen müssen. Und als Schieber den Ball im anschließenden Gewühl weiterleitete, stand Santana erneut im Abseits. Nur noch Málagas Abwehrmann Antunes befand sich zwischen der Torlinie und dem Torschützen. Die Spieler aus Spanien, allen voran Torwart Willy, legten wütenden Protest beim Schiedsrichter und seinen Assistenten ein. Allerdings ohne Erfolg. Der Treffer zählte.

So fühlte sich der FC Málaga um die Teilnahme am Europapokal-Halbfinale betrogen. Einige Spieler hatten noch vor der Abfahrt aus dem Dortmunder Stadion das Standbild auf ihren Handys gespeichert und zeigten es in der Interviewzone als Beweis für ihre Benachteiligung herum. Trainer Manuel Pellegrini beschwerte sich umfassend über Spielleiter Thomson: "In den letzten sieben Minuten war kein Schiedsrichter mehr auf dem Platz. Da hat ein Heimteam Vorteile. Das 3:2 war ein klares Abseitstor." Allerdings vergaß er den Hinweis, dass auch Málagas zweites Tor durch Eliseu in der 82. Minute wegen Abseits nicht hätte zählen dürfen.

Auch die spanische Presse beklagte Unrecht gegen die Mannschaft aus dem eigenen Land. La Opinion de Málaga schrieb: "Der Schiedsrichter beendet Málagas Träume", und As konstatierte: "Ein irreguläres Tor verhindert das Weiterkommen." Insgesamt arbeiteten die südeuropäischen Medien das Spektakel von Dortmund aber sachlich auf. Anders als Abdullah ben Nasser Al-Thani, der Besitzer des unterlegenen Klubs: Über Twitter verkündete er, dass die Geschehnisse mit Fußball nichts zu tun hätten. Stattdessen unterstellte er Schiedsrichter Thomson und seinen Gehilfen Rassismus. "Das war kein Fußball, sondern Rassismus", schrieb er wenige Minuten nach Schlusspfiff.

Jürgen Klopp machte eine kurze Pause, als ihn nach dem Spiel ein spanischer Reporter auf das mehrfache Abseits beim entscheidenden Treffer hinwies. Dann sagte Dortmunds Trainer: "Entschuldigung." Dabei hätte er es natürlich belassen können, doch auch in Stunden des Triumphes ist er kein Freund kritischer Fragen oder Bemerkungen: "Ich finde es ja interessant, dass spanische Journalisten den Eindruck erwecken, persönlich enttäuscht zu sein", fuhr er also fort, "das erlebt man in Deutschland eher selten."

Der Trainer des frisch gekürten Halbfinalisten ist der Meinung, dass sich seine Mannschaft das Glück verdient hatte, das ihr in den entscheidenden Sekunden zur Seite stand: "Das gehört auch dazu", sagte Klopp. Seine Leute hatten nicht gut gespielt, das gestand der Trainer ohne Umschweife. Doch wenn der BVB zuletzt schwach war, verlor er auch.

In der Bundesliga war das in der jüngeren Geschichte auf Schalke und gegen den Hamburger SV zu besichtigen gewesen, im Pokal bei der 0:1-Niederlage in München. "Heute waren wir nicht gut und haben trotzdem gewonnen", freute sich Klopp. Er hatte keine Lust, sich die erste Dortmunder Halbfinal-Teilnahme in der Champions League seit 15 Jahren zerreden zu lassen, nur weil ein bisschen Glück und die Fehlentscheidung des Schiedsrichter-Gespanns dazu beigetragen hatten.

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