Süddeutsche Zeitung

Neue DFL-Chefin:Rein in etablierte Machtstrukturen

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Donata Hopfen kann zahlreiche Kompetenzen vorweisen, die sie zur Nachfolgerin von DFL-Chef Christian Seifert befähigen. In dieser Rolle muss sie sich aber auch bald mit alten Affären auseinandersetzen.

Von Thomas Kistner

Seit Monatsbeginn rumorte es im Gebälk der DFL, nun ist der Abschluss perfekt: Donata Hopfen, 44, führt von 2022 an die Deutsche Fußball Liga, sie löst den Vorsitzenden der Geschäftsführung ab. Christian Seifert wendet sich nach 16 Jahren anderen Aufgaben im Sport zu, aber nicht mehr im Fußball. Den Zeitpunkt für einen Wechsel zu finden, auch das zeugt von Kompetenz. Und im Falle von Nachfolgerin Hopfen spricht einiges dafür, dass sie diese Geradlinigkeit fortsetzt. Eine Quotenfrau, der Ruf eilt ihr in der Fußballwelt schon voraus: Das sei sie definitiv nicht.

Donata Hopfen ist Partnerin im Berliner Büro der Boston-Consulting-Gruppe, die Firma setzt weltweit digitale Geschäftsmodelle um. Zuvor war sie 15 Jahre beim Axel-Springer-Verlag, zuletzt tätig als Vorsitzende der Verlagsgeschäftsführung der Bild-Gruppe. Es folgte ein Intermezzo bei Verimi, einer branchenübergreifenden Registrierungsplattform, an der Großfirmen wie die Deutsche Bank, Daimler oder Telekom beteiligt sind. Kurz: Sie hat ein paar Dinge vorzuweisen, die dem klassischen Fußballfunktionär nur aus der Lektüre von Wirtschaftsblättern geläufig sind. Die von der Fachpresse preisgekrönte Managerin ist im Themenfeld Digitalisierung, Lizenzen und Produktvermarktung zu Hause. Sie kennt Medien und hat auch bereits Sportrechte verhandelt.

Die Luft wird dünn für das Führungsduo beim DFB

Keine Quotenfrau also: Das ist die gute Nachricht für die DFL nach Seifert. Es ist aber eher keine gute Nachricht für den Dachverband DFB, in dem der Tumult zum Dauerzustand geworden ist. Gelenkt wird der Deutsche Fußball-Bund vom Interims-Duo Rainer Koch und Peter Peters, eine Art Zweckgemeinschaft im sportpolitischen Überlebenskampf. Koch ist als Chef der Amateure, der Satzung und des Rechts, sämtlicher Fußball-Südstaaten sowie Uefa-Vorstand der machtpolitische Tausendfüßler im DFB. Und er ist schwer angezählt.

Derweil ist Kollege Peters, der an Hopfens Berufung mitgewirkt hat, ein König ohne Reich: Er residiert dank der Funktionen als DFL-Aufsichtsratschef und Stellvertreter Seiferts (den die steten DFB-Intrigen zermürbt zum Rückzug bewogen). Als Finanzvorstand beim Pleite-Klub Schalke 04 trat Peters 2020 ab, die DFL akzeptiert ab Sommer 2022 in Präsidium und Aufsichtsrat aber nur noch aktive Klubfunktionäre: Weil ja nur solche auch die Folgen mittragen, die ihre Beschlüsse bewirken.

Die Luft ist dünn auf der Chefetage, da wäre manchem vielleicht eine echte Quotenfrau an der DFL-Spitze lieber. Auch um Kochs DFB-Kameradenverbund zu entlasten, der ja gerade viel Druck von Frauen erhält. Welche Problem Koch, entgegen eigener Bekundungen, mit kritisch-selbstbewussten Frauen hat, verrät nicht nur sein Umgang mit Bibiana Steinhaus-Webb. Die renommierte Schiedsrichterin wechselt interessanterweise jetzt aus dem DFB-Videokeller an die Spitze der englischen Super League, der weltbesten Frauen-Liga.

"Das ist eine bahnbrechende Entscheidung", sagt die Sprecherin der Frauen-Initiative

Was im Clinch zwischen Koch und ihr verbal wirklich vorgefallen ist, hätte die Frauen-Initiative "Fußball kann mehr" gern aufklären lassen, der auch Steinhaus-Webb angehört. Doch kaum hatte die Frauen-Gruppe Kochs Verhalten bei der DFB-Ethikkommission moniert, wurde diese trickreich in die Luft gesprengt - und in das neue, eilig zusammengeschusterte Gremium hat die Frauen-Gruppe kein Vertrauen. Koch schon, bei der neuen Ethik-Combo geht er gegen die Frauen vor ( SZ vom 14./15. August). Womöglich zu kurz gedacht, jetzt müsste das DFB-Sportgericht Licht in die Affäre bringen; auch in die Frage, wie oft Steinhaus von Koch in Gespräche mit Dritten laviert wurde.

Die Sprecherin der Frauen-Initiative begrüßt die Berufung Donata Hopfens an die DFL-Spitze jedenfalls ausdrücklich. "Das ist eine bahnbrechende Entscheidung", sagt Katja Kraus. "Sie wird eine großartige DFL-Chefin sein, und es liegt Symbolkraft darin, dass eine Frau diese machtvolle Position erhält. Sie wird die Herausforderungen mit frischem Blick auf ihre Weise angehen."

Das könnte für manchen im DFB unangenehm werden. Dort wurde gerade ein weiterer, offenkundig dünner Report im Zuge einer millionenteuren Selbstaufklärung abgeheftet: Der zur WM-2006-Affäre. Das Werk wird nicht publiziert, nach außen dringt aber die übliche Botschaft: Der Profibereich wird als Störenfried und Hort möglicher Corruptis identifiziert. Nur: Gibt es auch irgendeinen relevanten Fund zu der seit den Nullerjahren bekannten Affäre? Offenbar nein. Das ist heikel. Die neue DFL-Chefin darf das mysteriöse Papier lesen. Es könnte ihr wichtige Fingerzeige in der Frage liefern, was genau den Riss zwischen Profilager und Koch-DFB verursacht hat, den Letzterer ständig beklagt. Und erkennbar vorantreibt.

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