Süddeutsche Zeitung

Sportpolitik:Der DFB schweigt zu Katar

Lesezeit: 2 min

Die stillen Verhandlungen zwischen Katars Fluglinie Qatar Airways und dem Deutschen Fußball-Bund sorgen für laute Kritik. Eine Reaktion des Verbandes gibt es bislang nicht - dabei stellen sich viele Fragen.

Von Thomas Kistner

Katars Staatskonzern Qatar Airways und der Deutsche Fußball-Bund, das Dach über sieben Millionen im deutschen Fußball organisierte Menschen - dass zwischen diesen Parteien stille partnerschaftliche Überlegungen laufen, beschert dem Verband die nächste Debatte. Und das in den letzten Zügen einer Europameisterschaft, die mehr als jedes Fußballevent zuvor das Thema Menschenrechte auf der Agenda hatte. Über die Sponsor-Überlegungen im DFB, die Marketingchef Holger Blask nicht bestreiten wollte, hatte die SZ am vergangenen Freitag berichtet. Ein offizielles Statement des DFB lag auch am Wochenende nicht vor.

Dabei kennt sich gerade der DFB mit problematischen Geschäftsverbindungen bestens aus. Entsprechende Eskapaden beschäftigen sogar die Strafbehörden, kürzlich untersuchte die Staatsanwaltschaft Duisburg den Computer des früheren DFB-Dienstleisters Kurt Diekmann auf einen Hacker-Angriff. Dass ein solcher erfolgt sei, hatte die DFB-Spitze immerzu behauptet, nachdem brisante Dokumente aus dem Umfeld des Agenten publik geworden waren. Ein Hacking schlossen die Kriminalisten aber unlängst eindeutig aus, weshalb nun alle heiklen Fragen im Raum stehen. Vor allem die, warum der mysteriöse Agent ab Herbst 2018 laut Mailverkehr die mediale Demontage des damaligen Präsidenten Reinhard Grindel vorantrieb, zugleich aber die DFB-Spitze ihren eigenen Buchprüfern nicht schlüssig erklären kann, für welche Dienstleistung Diekmann ab April 2019 bis Spätsommer 2020 satte 372 000 Euro kassierte. Erhellend dürfte die ausstehende DFB-Jahresbilanz werden: Sie wird zeigen müssen, ob die im Vorjahr offiziell von Diekmann medial begleitete Trennung des DFB von Langzeitvermarkter Infront ein so "immenser wirtschaftlicher Erfolg" war, wie esInterimschef Rainer Koch noch im Mai im ZDF vorschwärmte.

Suchte Katar zuerst den Kontakt zum DFB?

Ein Bündnis mit Katar wäre jedenfalls ein immenser Geldsegen, keine Frage. Auch kann das superreiche Emirat rund um seine von Korruptionsgerüchten begleitete WM 2022 jede Allianz mit honorigen Partnern gut brauchen. Marketingexperten bezeichnen derlei Strategien als "white washing", Imagesäuberung. Und dem DFB, der trotz aller Unruhe um jeden Preis an seinen Spitzenleuten festhält, dürften die Sponsoren nicht gerade die Tür einrennen. Im Gegenteil. Bei einer flott angesetzten Präsidiumssitzung am Donnerstag wurde dem braven Gemium mitgeteilt, dass der erst 2019 verlängerte Vertrag mit Langzeitpartner Lufthansa nun vorzeitig beendet wird.

Während die Marktpolitik des DFB bereits auf breite Kritik in der Politik und bei den Fans stößt, herrscht intern die übliche Stille. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll Katar den Kontakt zum Verband gesucht haben - was nur die Frage aufwürfe, wie der Staatskonzern die verfrühte Trennung des DFB von Langzeitpartner Lufthansa hätte vorempfinden können. Oder gab es einen Guerilla-Angriff auf bestehende Verträge? Peter Peters, DFB-Interimspräsident neben Koch, wollte sich mit Verweis auf die Vertraulichkeit von Sitzungsinhalten nicht zur Frage äußern, ob die Causa Katar schon im Präsidialausschuss berichtet wurden - den er, Koch und Osnabrügge bilden.

Sicher ist: Mit dem Katar-Thema betritt der Sieben-Millionen-Verband nun auch das politische Parkett. Wo dort übrigens die eigenen Nationalspieler stehen, haben diese zuletzt sehr deutlich gemacht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5348787
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.