Süddeutsche Zeitung

DFB:Löws Hoffnungen ruhen auf dem torlosen Uth

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Von Philipp Selldorf, Köln

Wenn es wie beim Fernsehen wäre, wenn es also lediglich um die Quote ginge, dann hätte Lothar Matthäus unbestreitbar recht, und dann hätte Jogi Löw für die Nations-League-Spiele in den Niederlanden und in Frankreich nicht nur Simon Terodde berufen müssen, sondern am besten auch dessen Hoflieferanten Dominick Drexler. Mit der Hilfe seines raffinierten Mitspielers hat der Mittelstürmer Terodde für den 1. FC Köln in acht Einsätzen 16 Tore geschossen. Sechzehn! Matthäus nahm die Quote zum Anlass, sich selbst zu widersprechen. Kürzlich hatte er zwar noch die Berufung von Jonas Hector kritisiert, weil er meinte, dass ein Zweitliga-Spieler nicht in die Nationalmannschaft gehöre, im Fall Terodde hält er eine Ausnahme aber für geboten, "weil wir wenig Alternativen haben, und weil er in großartiger Form ist".

Löw hat es jedoch vorgezogen, statt Terodde einen Stürmer zu berufen, dem in dieser Saison noch kein Tor gelungen ist, und der auch nicht von sich behaupten würde, in großartiger Form zu sein. Zuletzt sah man Mark Uth auf dem Spielfeld häufig hadern, bei Schalke 04 hat der 26-Jährige das Torjägerglück noch nicht gefunden, das ihn vorige Saison noch in Hoffenheim hervorhob. Dass sich Löw über die aktuellen Eindrücke erhebt, ist allerdings schon früher häufig vorgekommen. "Wir haben Mark Uth schon länger beobachtet", erklärte der Bundestrainer, "er ist dynamisch, schnell und strahlt immer eine gewisse Torgefahr aus. Nun wollen wir ihn gerne besser kennenlernen." Nicht zuletzt machte Nils Petersens verletzungsbedingte Absage den Weg frei.

Ähnlich überraschend dürfte mancher eine Nicht-Nominierung finden

Fast so überraschend wie die Nominierung des Angreifers Uth dürfte mancher die Nicht-Nominierung des Außenverteidigers Philipp Max finden. Löw zieht erneut den Hoffenheimer Nico Schulz vor, der wohl als Stellvertreter für den von Matthäus nicht mehr geschätzten Zweitligaspieler Hector fungiert. Der klassischen Doppelbesetzung für die linke Abwehrseite steht eine unkonventionelle Besetzung für die rechte Seite gegenüber: Für diesen Posten hat Löw im Grunde keinen Spieler nominiert. Der Stamm-Rechtsverteidiger Joshua Kimmich ist laut amtlicher DFB-Spielerauflistung ins Mittelfeld umgezogen. Die Innenverteidiger Matthias Ginter und Thilo Kehrer haben demnach die besten Aussichten, die Vakanz rechts hinten zu füllen. Außer Petersen musste derweil auch Ilkay Gündogan verletzungsbedingt absagen, dafür kehrt Sebastian Rudy zurück - noch ein Schalker, der nicht von sich behaupten würde, in großartiger Form zu sein.

Experimente sind diesmal aber nicht gefragt. Die Partien in Amsterdam und Paris nehme man "sehr ernst", teilte Löw mit, dies dürfte keine Floskel sein. Womöglich entscheiden diese Spiele bereits über den Verbleib in der A-Klasse der Nations League. Der Gruppendritte steigt in die B-Liga ab, und wie die Nation so einen Misserfolg verkraften würde, das möchte Löw nach den Erfahrungen der WM lieber nicht ausprobieren. Auch der DFB würde auf einen weiteren Belastungstest für die Zusammenarbeit mit Löw gern verzichten.

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Quelle:
SZ vom 06.10.2018
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