Süddeutsche Zeitung

Claudia Pechstein:Entscheidungen auf Eis

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Claudia Pechstein steht angeblich vor dem Karriere-Aus, der Grund dafür ist die Bundespolizei. Ein weiterer skurriler Vorgang in der Doping-Affäre um die Eisschnellläuferin.

Thomas Kistner

Angeblich steht sie nun wirklich vor dem Karriere-Aus, die dopinggesperrte Eisschnellläuferin. Grund dafür ist aber nicht ihre durch sämtliche der bisher durcheilten Instanzen bestätigte Zwei-Jahres-Strafe, sondern die böse Bundespolizei. So lässt es sich aus dem Bericht eines Boulevardblattes herauslesen, das auch gleich das betreffende Amtsschreiben an Claudia Pechstein ablichtete.

Dies ist ein weiterer skurriler Vorgang in einer an Besonderheiten gewiss nicht armen Affäre. Was heißt das: Erkennt die Bundespolizei in dem Brief von Ende März Pechsteins Dopingverurteilung an? Das müsste ja zur nächsten Frage führen: Was hat es mit dem Sportler-Eid in der Bundespolizei auf sich, der folgendes Gelübde beinhaltet: "Ich werde niemals dopen und in meinem Umfeld gegen jede Art des Dopings und der Leistungs-Manipulation Stellung beziehen"?

Aber gemach. So weit ist es nicht, dass Polizei und das Innenministerium darüber befinden müssen, was mit einem verurteilten Athleten zu passieren hat, der sich in der Spitzenförderung samt Sportler-Eid befand. Vorerst ist es ganz einfach so, dass das per Sportgerichtsurteil gegen Pechstein verfügte Trainingsverbot seine bindende Wirkung entfaltet - auch für die Behörden.

Alles weitere wird erst entschieden, wenn das Urteil des Schweizer Bundesgerichts zu Pechsteins Revisionsbegehr vorliegt, als Termin dafür ist der Juli avisiert. Seit kurzem übrigens liegt das höchstrichterliche Urteil zur Beschwerde Pechsteins gegen den Entscheid des Weltsportgerichtshofs Cas vor, darin zerpflücken die Juristen recht heftig die Einwände der Athletin - und mokieren sich gar zuweilen über deren "appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid" - sprich: Sie sahen da viel Urteilsschelte, wenig Substanz.

Das entspricht der Sichtweise des Eislaufweltverbandes ISU, der sich jüngst zu Wort meldete. Nun wartet also alles gespannt auf Juli und das letzte Wort der Bundesrichter. Und vielleicht, ganz nebenbei, auch auf die Ermittlungsergebnisse der deutschen Staatsanwälte, die eine Art nationalen Eislauf-Komplex untersuchen. 21 Razzien gab es im März, sollte sich bewahrheiten, was damals kolportiert wurde - dass es 2009 weitere Eisläuferinnen mit punktuell unerklärlichen Blutwerten gab -, dann dürfte das Thema noch viel spannender werden, als es bisher schon war.

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Quelle:
SZ vom 27.05.2010
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