Süddeutsche Zeitung

Champions League:Leipzigs Umschaltfußball lebt

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Durch einen 2:1-Sieg gegen Manchester City qualifiziert sich RB Leipzig für die Europa League. Ein Hauch von Ironie dabei: Die Mannschaft zeigt den Fußball, den Ex-Trainer Jesse Marsch sehen wollte.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Das zuletzt taumelnde RB Leipzig darf in Europa überwintern. Zwei Tage nach der Beurlaubung des bisherigen Cheftrainers Jesse Marsch (und vier Tage nach der Bundesliga-Pleite beim 1. FC Union Berlin) siegte RB Leipzig im abschließenden Gruppenspiel der Champions-League-Vorrunde gegen Manchester City mit 2:1 (1:0). Leipzig schloss damit die Gruppenphase als Tabellendritter ab - und erhielt damit die Berechtigung, im neuen Jahr in der Europa League mitzuspielen. "Wir haben eine tolle Reaktion der Mannschaft gesehen", sagte Interimstrainer Achim Beierlorzer.

Das Erreichen dieses Minimalziels durfte spätestens als gesichert gelten, als in Leipzig zur Halbzeit gepfiffen wurde. Zeitgleich fand nämlich in der französischen Hauptstadt die Partie zwischen Paris Saint-Germain und Club Brügge statt. PSG führte zur Pause bereits mit 3:0. Damit war klar: Brügge würde die Leipziger im Fernduell um Platz drei nicht mehr in die Bredouille bringen können; sie hätten dafür schon in Paris mehr Punkte als Leipzig holen müssen. Das war am Ende tatsächlich nicht der Fall, PSG holte einen ungefährdeten 4:1-Sieg. Doch durch ihren Sieg gegen City, das schon vor der Partie als Sieger der Gruppe A feststand, bedurften die Leipziger nicht mal dieses Sicherheitsnetzes.

Den Sieg der Leipziger vor leeren Rängen wohnte nicht nur die Gruselatmosphäre der Geisterspiele, sondern vor allem ein Hauch von Ironie inne. Denn: Nach der Beurlaubung von Marsch war allzu deutlich geworden, dass es in der RB-Kabine größere ideologische Verwerfungen über die Art des Fußballs gegeben hatte, der gespielt werden sollte. Die Mannschaft wollte einen ballbesitzorientierten Stil wie unter Marsch-Vorgänger Julian Nagelsmann; Marsch hingegen favorisierte den "RB-Stil", der eher auf Umschaltmomente angelegt ist. Doch am Dienstag erzielte Leipzig zwei Tore, die jeder Apostel des so genannten Umschaltspiels in die Bibel der Konter aufnehmen würde. Und die Marsch vermutlich in die Anthologie der besten Kontertore verewigen wird.

Erstes Beispiel: Beim 1:0 landete der Ball nach einer Kopfballabwehr von City-Verteidiger Nathan Aké im Mittelfeld bei Leipzigs Konrad Laimer, und der Österreicher spielte ihn sofort in den Lauf von Dominik Szoboszlai. Der Ungar umkurvte Citys Ersatztorwart Zack Steffen - und vollendete zur Führung (24.). Beispiel Nummer zwei: das 2:0. Nach einem Ballgewinn der Leipziger im Mittelfeld ging Emil Forsberg steil und bediente André Silva, der sich den Ball zurechtlegte und aus 14 Metern flach einschoss (71.).

ManCitys Kyle Walker sieht Rot wegen eines Fouls an Silva

Auch wenn den Leipzigern in die Karten spielte, dass City wegen der bereits bewerkstelligten Qualifikation für die K.-o.-Phase ein paar Prozentpunkte zur absoluten Körperspannung fehlten (und Kevin De Bruyne gerade erst von einer Verletzung zurückgekehrt war) - die Gastgeber boten eine hinreichend überzeugende und konzentrierte Leistung, dass man den Sieg als verdient ansehen konnte. City kombinierte fein und hatte in der ersten Halbzeit gute Torgelegenheiten - unter anderem traf Phil Foden den Pfosten -, zum Anschlusstreffer kam die Mannschaft von Pep Guardiola erst in der 77. Minute durch Stürmer Riyad Mahrez. Kurz darauf sah Verteidiger Kyle Walker wegen eines Fouls an Silva die rote Karte.

Am Resultat und der Qualifikation Leipzigs für die Europa League änderte das alles nichts mehr. Für RB war das, wie Geschäftsführer Oliver Mintzlaff vor der Partie sagte, nicht nur aus Prestige-Gründen wichtig. Leipzigs Kader ist darauf angelegt, drei Wettbewerbe zu bestreiten.

Kuriosität am Rande: Unter der Ägide des bisherigen Assistenztrainers Achim Beierlorzer hat Leipzig durchaus überzeugende Leistungen geboten. Schon beim fulminanten Auftritt in Brügge vor zwei Wochen hatte der Oberstudienrat als Chef fungieren müssen. Seinerzeit musste er Jesse Marsch ersetzen, weil der US-Amerikaner positiv auf Corona getestet worden war. Der in der Königsklasse ausschließlich siegreiche Beierlorzer soll Interimstrainer bleiben, bis ein Nachfolger präsentiert wird. Das soll "zeitnah" geschehen, sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff auch am Dienstag. Zu konkreten Namen äußerte er sich allerdings nicht.

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