Süddeutsche Zeitung

Borussia Dortmund:Die 2:2-Niederlage

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Den einen fehlen die Punkte im Abstiegskampf, den anderen für die Champions League: Sowohl Köln als auch der BVB hadern mit dem Remis. Besonders Erling Haaland demonstriert nach dem Spiel seine Unzufriedenheit.

Von Milan Pavlovic, Köln

Erling Haaland ist schnell schlecht gelaunt. Normalerweise vor allem dann, wenn er keine Tore schießt. Am Samstag aber erzielte der Dortmunder zwei Treffer und verhinderte eine Niederlage seines Klubs - und trotzdem eilte er nach dem Schlusspfiff mit derart grimmiger Miene vom Feld, dass sich ihm nur ein Todesmutiger in den Weg gestellt hätte. Zurück blieben ratlose Profis, sowohl in schwarz-gelb als auch in blütenweiß, denn dieses 2:2 (1:1) beim 1. FC Köln konnte wirklich auf jede Weise interpretiert werden. Im Grunde war es für alle Beteiligten eine gefühlte Niederlage: weil Köln nicht den vollen Lohn für einen couragierten Auftritt mitnehmen durfte und Dortmund zwar spät zuschlug, aber weiter an Boden auf die Champions-League-Plätze verlor. "Ein gerechtes Unentschieden" hatte BVB-Coach Edin Terzic gesehen, "auch wenn es wegen des späten Ausgleichs etwas glücklich war". Sein Gegenüber Markus Gisdol wähnte das Spiel "auf unserer Seite", deshalb sei er "schon auch ein bisschen traurig" über das Remis.

In der ersten Viertelstunde hätte wohl niemand gedacht, dass es später solche Stimmen zum Spiel geben würde. Denn die Partie begann mit totaler Dortmunder Dominanz und einer norwegischen Zirkusnummer. Nach zweieinhalb Minuten BVB-Ballbesitz schlug Emre Can einen 40-Meter-Pass mit Unterschnitt vorbildlich in den Lauf von Haaland, der den Ball auf Strafraumhöhe aus der Luft annahm, als wäre dieser mit seinem linken Fuß verwachsen - aber nur für einen Moment. Denn in derselben Bewegung leitete der Torjäger den Ball rechts am verdutzten Kölner Innenverteidiger Jorge Meré vorbei, ließ den Gegenspieler einfach stehen, zog mit der nächsten Ballberührung nach innen, war geschwind am Fünfmeterraum und tunnelte mit dem nächsten Kontakt Kölns Keeper Timo Horn.

Die ganze Woche war in Köln diskutiert worden, ob der zuletzt so starke Spanier Meré wirklich eine Chance gegen den größeren und wuchtigeren Norweger haben würde - und dann traf Haaland mit einem Filigrantor.

Ungenauigkeiten kosten Dortmund den Schwung

In den nächsten Minuten sah das Spiel aus, als würde ein Champions-League-Teilnehmer gegen eine Schülermannschaft antreten. Der FC rückte nicht einen Meter nach vorne, wollte weiter kompakt stehen - und bot den Gästen dennoch überall Räume an. Nach einer bildschönen Dortmunder Kombination über Dahoud und Bellingham kam der Ball in die Strafraummitte, doch dort stand eben nicht Haaland, sondern Thorgan Hazard, dessen Abschluss geblockt wurde (8.). Danach ließ der Druck der Dortmunder kontinuierlich nach, Ungenauigkeiten von Dahoud und Brandt raubten den Schwung, Köln "kam mit jeder Minute besser ins Spiel", fand Gisdol.

In der 21. Minute waren erstmals alle Feldspieler in der Dortmunder Hälfte, kurz danach gab es den ersten FC-Abschluss (Jonas Hector), und in der 32. Minute die erste Chance durch Ondrej Duda. Der Schuss ging daneben, aber es wäre spannend gewesen, ob ein Treffer gezählt hätte, weil 30 Sekunden vorher dem Dortmunder Bellingham ein Handspiel unterlaufen war, das von Schiedsrichter Daniel Siebert nach weiteren zwei Minuten als elfmeterwürdig eingestuft wurde. Nun trug sich Duda in die Torschützenliste ein, indem er Dortmunds Torwart Marwin Hitz am Elfmeterpunkt ausguckte (35.).

Zum wiederholten Mal punktet Köln, als die Beurlaubung von Trainer Gisdol unausweichlich zu sein scheint

Nach der Pause stürmte der 16-Jährige Youssoufa Moukoko neben Haaland, dem die Entwicklung des Spiels dennoch sichtlich missfiel - und dies schon vor der Kölner 2:1-Führung (65.), bei dem die Vorbereiter Hector (Hüftwackler) und Drexler (Steilpass) sowie Schütze Jakobs eine Handvoll Dortmunder vorführten. Als nun sogar Haaland Chancen ausließ (80., 84.) und selbst die vorher tadellosen Can und Hummels unerklärliche Fehlpässe einstreuten, schien es um den BVB geschehen zu sein. Doch Haaland hatte - nach feiner Zuarbeit des jungen Ansgar Knauff - noch eine letzte Fußspitze anzubieten (90.). Auf Jubel verzichtete er. Die Dortmunder müssen rasch Anschluss zu Champions-League-Platz vier finden, sonst wird die Gefahr groß, dass der Norweger seine schlechte Laune (und seine Torgier) bei einem anderen Klub auslebt.

Das späte 2:2 lenkte ab vom beachtlichen Auftritt der Kölner. Zum wiederholten Mal in dieser Saison zeigten sie sich von ihrer starken Seite, als die Beurlaubung von Trainer Gisdol unausweichlich zu sein schien. Das war schon in der Hinrunde so, als Köln 2:1 beim BVB gewann und den Anfang des Endes von Terzic-Vorgänger Lucien Favre einleitete. Und es passierte so ähnlich bei Siegen gegen Schalke 04 (2:1) und später in Mönchengladbach (2:1). Vor dem Spiel gegen Dortmund kursierten nun die Namen von Friedhelm Funkel (als Saisonretter) und Peter Stöger (für die kommende Spielzeit). Die Mannschaft reagierte auf ihre Art. Und Gisdol sagte in seinem stets um Optimismus bemühten Tonfall: "Wir versuchen uns von solchen Nebengeräuschen freizumachen; als Trainer musst du das ausblenden können."

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