Süddeutsche Zeitung

BVB in der Bundesliga:Zofft euch nicht!

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Seit Borussia Dortmund mit dem so gelassenen Lucien Favre die Tabelle anführt, muss auch der FC Bayern erkennen, dass Streit nicht unbedingt ein Erfolgsfaktor ist.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Die Institution der Ehe ist schon arg strapaziert, jetzt muss sie wieder mal dafür herhalten, über die Verhältnisse in der Bundesliga aufzuklären. Denn niemand hatte es sich in der Winterpause so kompliziert gemacht wie Fortuna Düsseldorf. Mit dem Krach, den sie aus dem Nichts losbrachen, der dem Trainer Funkel, einem Mann von 65 Jahren, die Tränen in die Augen trieb, war nicht nur die Fortuna-hörige Gefolgschaft überfordert. "In einer Ehe hat man ab und an auch Unstimmigkeiten", reichte jetzt Lutz Pfannenstiel, der neue Sportvorstand, als Erklärung nach: "Die werden dann ebenfalls wieder geregelt."

In seinem Rücken feierten derweil die Fans ein 2:1 in Augsburg und den von "innerer Freude" gerührten Funkel. Dessen Beziehung zum Klub war vor wenigen Tagen eigentlich schon geschieden.

Was zur ewig jungen Frage führt, ob ein zünftiger Krach ein Erfolgsfaktor ist. Weil er aufrüttelt, elektrisiert, sensibilisiert. Es gibt, in der Ehe wie im Fußball, im Kern zwei Formen des Krachs: den, der von innen kommt, und den, der sich von außen aufdrängt. Und beide Klubs, die das Winterpausen-Theater groß bespielten, haben zum Einstieg in die Rückrunde gewonnen. Fortuna, die ihr Intimleben offenlegte, ist nach vier Funkel-Siegen in Serie schnurstracks dabei, den ihr von kaum jemandem zugetrauten Klassenerhalt zu sichern. Und der FC Bayern, dem eine exzessiv diskutierte Blattgold-Affäre via sozialer Medien ins Haus segelte, konnte verzagte Hoffenheimer vorführen. So demütigend, dass man denen hatte zurufen wollen: Zofft Euch!

Würde man es nicht besser wissen, hätte man meinen können, Präsident Uli Hoeneß höchstselbst, einst gefürchtet als "Abteilung Attacke", habe die Blattgold-Affäre angestoßen. Um Reizpunkte für eine Aufholjagd seines FC Bayern zu setzen - wie früher. Dies aber scheidet aus: Zum einen verzehrt Hoeneß lieber Schweinsbraten und Rostbratwürstl als so ein spektakuläres Steak, wie es Franck Ribéry in Dubai tat (womit er anschließend über die Sozialkanäle prahlte). Zum anderen klopft Hoeneß keine provokanten Botschaften ins Netz. Wer ihn erreichen will, nähert sich am besten via Fax.

Die gute, alte These vom Konflikt, der Beine macht, hilft also kaum weiter. Zumal dann nicht, wenn sie auf Lucien Favre trifft. Während sie in Leverkusen ohne Starteffekt den Trainer wechselten (0:1 gegen Gladbach) und in Düsseldorf und München Silvesterkracher zündeten, ließ Dortmunds Taktik-Tüftler in aller Ruhe Kurzpässe üben. So emsig, dass auch Mario Götze, der lange verloren geglaubte Weltmeister-Siegtorschütze, beim 1:0 in Leipzig weiter an seiner Auferstehung arbeiten konnte. Da zofft nix.

Für eine Liga, die nach sechs Münchner Meisterschaften in Serie derzeit ihren neuen Spannungsmoment genießt, ist es fast beruhigend zu sehen, dass der BVB so gelassen aus der Winterpause kommt, wie er eingestiegen ist. Wie ein Zen-Meister sitzt Lucien Favre auf dem Thron und gibt nix ab von seinem Vorsprung.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2019
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