Süddeutsche Zeitung

Bundestrainer zu Homosexualität:Löw stärkte Hitzlsperger bei Coming-out-Plänen

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Der Bundestrainer wusste Bescheid: Thomas Hitzlsperger hatte Joachim Löw bereits vor der EM 2012 in die Pläne seines Coming-outs eingeweiht. Dies geht jetzt aus einem Spiegel-Interview mit Löw hervor. Dieser habe dem Profi Mut gemacht, doch Hitzlsperger überlegte es sich zunächst anders.

So langsam könnten sich die Wogen auch wieder in ein gemütliches Plätschern verwandeln, nachdem Thomas Hitzlsperger mit seinem Coming-out in Deutschland eine intensive Debatte ausgelöst hat. Der Ex-Nationalspieler ist schwul, das wissen jetzt alle - und zum Glück haben große Teile der Öffentlichkeit positiv auf diese neue Erkenntnis reagiert. Trotzdem steht weiter die Frage im Raum, warum Hitzlsperger sich erst nach seinem Karriereende offenbarte. Hätte er als kluger, selbstbewusster Profi nicht den ganz offensiven Schritt gehen können und die Sache noch während seiner aktiven Zeit publik machen?

Zumindest drüber nachgedacht hat der ehemalige Bundesligaspieler, das hat er in mehreren Interviews mittlerweile selbst eingeräumt. Aber am Ende hatte er sich doch anders entschieden. Hitzlsperger wartete ab, er ließ einige Monate nach Verkündung seines Karriereendes vergehen und wählte dann wohl sortierte Gespräche mit seriösen Medien.

Den Mut, sich als homosexuell zu outen, fand Thomas Hitzlsperger erst, als er nicht mehr Woche für Woche in Fußballstadien auflaufen musste. Natürlich hatte er als Spieler viele Kollegen, Freunde und Begleiter - doch wer wusste von seiner sexuellen Präferenz? Offenbar mehr Menschen, als zunächst gedacht, wie sich jetzt zeigt. Bereits vor der EM 2012 hatte er sich Bundestrainer Joachim Löw anvertraut, wie nun der Spiegel berichtet. Im Gespräch erzählt Löw, wie Hitzlsperger ihm von seinem Plan erzählte, sich in einem großen Interview zu outen.

"Ich habe ihm gesagt, wenn du mit einem Interview an die Öffentlichkeit gehen möchtest, habe ich großen Respekt davor", so Löw über Hitzlsperger. "Er möchte ein normales Leben führen, wollte ein klares Bekenntnis abgeben und nicht irgendwann von einem Fotografen überrascht werden. Als er mir davon erzählte, dachte ich: Es ist für ihn persönlich sicher eine gute Entscheidung."

Dennoch überlegte es sich Hitzlsperger zunächst anders. In einem Telefonat berichtete er dem Trainer, dass sich seine Pläne vorerst geändert hätten. Hitzlsperger informierte Löw dann am vergangenen Mittwoch, dass sein Coming-out publik wird.

Löw sagte dem Spiegel zudem, dass er hofft, dass sich der Umgang mit dem Thema Homosexualität nun verändert: "Wenn unsere Gesellschaft dafür sensibilisiert ist, wird der Umgang damit irgendwann ganz normal sein. So selbstverständlich, dass man gar nicht mehr darüber sprechen muss." Hitzlsperger selbst unterstrich derweil in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, er wolle "nicht zur Ikone einer Schwulenbewegung im Sport werden. Ich nehme diese Rolle nicht an. Eine Vereinnahmung und Instrumentalisierung durch Leute, die damit ein Eigeninteresse verfolgen, werden mit mir nicht möglich sein."

Und auch zur Debatte über das Thema Homosexualität im Schulunterricht in Baden-Württemberg bezog der ehemalige Fußballer Stellung: "Jeder Heranwachsende sollte die Unterstützung erhalten, die er benötigt, um sich seiner eigenen sexuellen Orientierung gewiss zu werden." Meldungen aus den vergangenen Tagen, er habe den Zeitpunkt seines Coming-outs bewusst vor den umstrittenen Winterspielen in Sotschi gewählt, wies Hitzlsperger zurück: "Da bin ich scheinbar von einigen Medien missverstanden worden."

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