Süddeutsche Zeitung

Tabellenzweiter Bremen:Werder, wie es tanzt und lacht

Lesezeit: 2 min

Von Carsten Scheele

Pál Dárdai, der Trainer von Hertha BSC, sah grinsend zu seinem Bremer Kollegen Florian Kohfeldt hinüber: "Herzlichen Glückwunsch, jetzt bist du der Bayern-Jäger." Dárdai sah aus wie einer, der darüber trotz der Niederlage gar nicht mal unglücklich war.

Es sei ja nicht gerade einfach, mit dem Ruf als nominell erster Bayern-Verfolger leben zu müssen, referierte Dardai: "Diesen Stab gebe ich gerne weiter." Jetzt ist Bremen dran. Werder hat sich durch den verdienten 3:1-Sieg gegen Berlin auf Tabellenplatz zwei hinter den Münchnern geschoben - und dabei nicht zum ersten Mal in dieser Saison das eigene Publikum überrascht.

Die Zuschauer staunten doch sehr über den mutigen, sogar kühnen Vortrag der Bremer Fußballer, die aktuell noch einmal deutlich besser spielen als in der vergangenen Saison. Da hatte der vormalige U23-Trainer Kohfeldt die Profis als Tabellenvorletzte übernommen und zur fünftbesten Rückrundenmannschaft geformt. Jetzt ist Werder mit elf Punkten aus fünf Spielen schon Zweiter, der BVB kann am Mittwoch nach Punkten höchstens noch aufschließen. "Wir dürfen jetzt nicht durchdrehen", mahnt Kohfeldt. Aber geht das?

Wie in der Dorfdisco: Harnik und Kruse tanzen

Das Spiel gegen Berlin zeigte, was die Bremer aktuell so stark macht. Die Mannschaft trat erneut dominant und ballsicher auf, Kohfeldt hatte die Hertha auch mit einer neuen Taktik überrascht. Bremen spielte mit einer Raute im Mittelfeld, Nuri Sahin gab dabei sein Startelfdebüt, fungierte gleich als Lenker und Bälleverteiler. Martin Harnik profitierte von der Tatsache, dass Fabian Lustenberger seinem eigenen Torwart den Ball aus der Hand trat, er traf zur frühen Führung (11.), fast hätte der Zugang aus Hannover gar das frühe 2:0 nachgelegt, er stand aber abseits (17.). Die Berliner schauten anfangs nur hinterher.

Kurz vor der Pause traf Bremens Milos Veljkovic per Kopf zum 2:0 (45.), nach der Pause besorgte Max Kruse per Elfmeter das dritte Tor (66.). Der zwischenzeitliche Anschluss von Javairo Dilrosun (53.) fiel nicht sonderlich ins Gewicht. "Wir haben endlich das auf den Platz gebracht, was wir in den letzten Wochen trainiert haben", jubilierte Kruse bei Sky: "Die ganze Bundesliga hat auf uns geguckt und ich glaube, wir haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass mit uns zu rechnen ist." Nach dem 3:1 hakte er sich bei seinem Jugendkumpel Harnik unter, tanzte und drehte sich mit ihm über den Rasen. Wie in der Dorfdisco, erklärte Kruse später. Das Stadion lachte. So ist die Stimmung aktuell in Bremen.

Seinem Trainer geht das vermutlich etwas schnell. Kohfeldt hat mit Werder bislang eigentlich nur gegen den Abstieg gespielt, er ist auch eher unverdächtig, angesichts des zweiten Tabellenplatzes in Euphorie zu verfallen. "Ein Heimsieg gegen Hertha, bei allem Respekt, darf uns jetzt auch nicht dazu führen, dass wir heute Abend alle eine wilde Party feiern", sagte Kohfeldt. Sein Ratschlag an die Spieler: "Regenerieren, abhaken, Stuttgart." Dort spielt Werder am Samstag.

Auf die neue Rolle als nomineller Bayern-Jäger spricht man Kohfeldt ohnehin besser nicht an. Diese Frage brauche er "ja wohl nicht zu beantworten", brummte der Trainer. Vielleicht aber bald Fragen nach einem Startplatz im Europapokal.

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