Süddeutsche Zeitung

VfB Stuttgart:Drei Punkte und vier Spieler verloren

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Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Ein sogenanntes Joker-Tor ist ein Treffer durch einen eingewechselten Spieler. Für Borussia Mönchengladbach haben die Spieler Raffael und Florian Neuhaus beim 3:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart ligaweit die Joker-Tore Nummer 69 und 70 in dieser Saison geschossen. So viele hat es in der Bundesliga noch nicht gegeben. Beim VfB Stuttgart, dem mit neun Treffern angriffsschwächsten Team, würden sie in schwierigen Zeiten auch gerne mal so ein Joker-Tor bejubeln, doch stattdessen sind ihnen in Mönchengladbach gleich zwei irgendwie gegenteilige Schicksale widerfahren: erst ein Platzverweis für den eingewechselten, durchaus Joker-tauglichen Erik Thommy - und dann auch noch ein Eigentor durch einen kurz danach verletzt ausgewechselten Spieler. Bei diesem Spieler handelt sich ausgerechnet um den Weltmeister Benjamin Pavard. Er fällt mit einem Muskelbündelriss im Oberschenkel für mehrere Wochen aus.

Der 22-jährige Franzose zog sich in der zweiten Halbzeit offenbar zunächst einen Faserriss im Oberschenkel zu, wollte aber tapfer durchhalten, weil sein VfB bereits dreimal gewechselt hatte und nach dem Platzverweis für Thommy ohnehin schon Unterzahl war. In der 84. Minute unterlief ihm dann mit einem schmerzhaften Ausfallschritt das Eigentor zum 0:3, und danach war an Weiterspielen endgültig nicht mehr zu denken. Stuttgart beendete die Partie zu neunt. Andreas Beck und Dennis Aogo waren bereits verletzt ausgewechselt worden. Drei Punkte und vier Spieler haben die Stuttgarter folglich verloren - jetzt ist die Frage, wie wohl die Elf aussieht, die am kommenden Samstag daheim gegen Hertha BSC unbedingt gewinnen soll.

Die kurz- und längerfristigen Ausfälle nehmen beim VfB allmählich das Ausmaß einer schlagkräftigen Mannschaft an: in der Abwehrkette Pablo Maffeo, Holger Badstuber, Benjamin Pavard und Borna Sosa, im Mittelfeld Erik Thommy, Dennis Aogo, Andreas Beck, Berkay Özcan und der kaum zu ersetzende Daniel Didavi. Körperlich unbeschadet ist allenfalls der Sturm, in dem Mario Gomez und Anastasios Donis in Gladbach allerdings Wirkungslosigkeit demonstrierten; was wiederum daran liegt, dass Donis ebenfalls eine längere Verletzungspause hinter sich hat und erkennbar noch nicht in bester Verfassung ist.

Gomez hat seit zwei Monaten nicht mehr getroffen

Sportvorstand Michael Reschke, der gerade die Nachteile seines Konzepts "kleiner Kader" erfahren muss, berichtet von einem ausgiebigen Gespräch, das er gerade mit Mario Gomez geführt habe, weshalb er alle Skeptiker erst mal beruhigt: "Mario ist unglaublich klar und fokussiert - wir werden vor Weihnachten noch ein wichtiges Tor von ihm erleben." In Stuttgart rätselt man nun, ob auch ein Tor im Abschlusstraining gemeint sein könnte.

Die personellen Möglichkeiten für Trainer Markus Weinzierl sind in den verbleibenden Spielen gegen Berlin, in Wolfsburg und gegen Schalke begrenzt, umso offensichtlicher ist, dass der Verein das Transferfenster im Januar für Verpflichtungen nutzen wird. "In dieser Saison werden viele Spiele über die Bank entschieden", sagte Weinzierl über die beiden Gladbacher Joker-Tore - "aber wir sind für so was viel zu dünn besetzt." Das war noch einmal eine nicht allzu subtile Ansage an den Vorstand.

Bei Mönchengladbach saß am Sonntag ein Spieler auf der Bank, der dort zurzeit nicht einmal zweiter oder dritter Einwechselkandidat ist: Patrick Hermann. Der 27-Jährige galt mal als eines der größten Talente auf den Angriffsflügeln, doch als die Gladbacher am Sonntag neue Offensivimpulse benötigten, kamen Raffael, Neuhaus und Johnson ins Spiel. Herrmann ist eine Verkaufsposition, und als interessiert an dem Ergänzungsspieler gilt: der VfB.

Mit neun Toren und elf Punkten ist Stuttgart Drittletzter. Neun Spieler sind verletzt, Gomez hat seit zwei Monaten nicht mehr getroffen. Die Lage ist dramatisch, aber Sportchef Reschke demonstriert Zuversicht. Die personelle Situation bereite ihm durchaus "Bauchschmerzen", sagt er, aber durch die Niederlage in Gladbach habe sich an der tabellarischen Konstellation wenig geändert. "Die Lage bleibt herausfordernd, mit solchen Rückschlägen müssen wir klarkommen." Welche elf Spieler damit klarkommen sollen am Samstag, ist allerdings die große Frage.

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Quelle:
SZ vom 11.12.2018
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