Süddeutsche Zeitung

Boxen:Fury schwingt wieder im Elefantenballett

Lesezeit: 2 min

Von David Pfeifer

Am Samstag kämpft der einstige Schwergewichts-Weltmeister Tyson Fury in seiner Heimatstadt Manchester gegen Sefer Seferi. Seferwie? Ja, genau, der Gegner ist ein bisschen egal. Seferi ist ein Cruisergewichts-Boxer, der sich wohl gedacht hat, so niedrig wie das Niveau im Schwergewicht derzeit ist, kann ich da auch noch mithauen. Einem Klitschko wird man ja nicht mehr vor die Fäuste laufen.

Nun ist es auch nicht das reine Vergnügen, mit Tyson Fury in den Ring zu steigen, der Mann ist 2,06 Meter hoch und bis zu 120 Kilo schwer, sogar in der relativ austrainierten Verfassung, in der er sich vergangene Woche beim Pressetraining präsentierte. Seferi reicht Fury gerade bis zum Kinn, er ist das, was man einen Aufbaugegner nennt - oder, gehässiger: Fallobst. Seferi hat vor eineinhalb Jahren sogar nach Punkten gegen Manuel Charr verloren. Das war eher schon Rummelboxen, genauso wie Tyson Fury vor allem gegen Wladimir Klitschko erfolgreich sein konnte, weil er dem ewigen Champion in den Kopf gekrochen war, mit seinen Psycho-Spielen.

Allerdings sollte man auch Furys Qualitäten in der Defensive nicht unterschätzen. Es sieht meist ungelenk aus, wenn er die Gegner durch Oberkörperwackeln in die Schlagdistanz lockt, aber dann hat er sie genau da, wo er sie haben will, nah vor seinen Fäusten. Nachdem er Klitschko entthront hatte, machte Fury allerdings vorwiegend mit Drogen-Eskapaden, Sprüchen und rapider Gewichtszunahme auf sich aufmerksam, zu einem Rückkampf kam es nicht. Den stattdessen angesetzten Kampf gewann Anthony Joshua, der nun als linearer Champion gilt. Die WBA bezeichnet ihn sogar als "Super-Champion" - vor dem eigentlichen Weltmeister Manuel Charr. So weit, so unübersichtlich. Kein Wunder, dass Boxen nicht mehr im Fernsehen übertragen wird.

Spannender durch Niveauabfall

Man könnte also sagen, das Niveau des Schwergewichtsboxens ist historisch niedrig. Allerdings war das Schwergewicht nie die Klasse, in der am besten geboxt wurde, sieht man von relativ kurzen Epochen mal ab, in denen Muhammad Ali und Joe Frazier oder Mike Tyson und Evander Holyfield die Champions waren.

Der Reiz bestand immer darin, dass die K.-o.-Quote höher liegt, man also das Urteil nicht so häufig den Punktrichtern überlassen muss. Wladimir Klitschko wurde da eher zum Problem, da er so viel besser war als seine Gegner und beim Zuschauer den Eindruck hinterließ, man sehe eher einem Stierkampf zu als einem fairen Wettbewerb.

Nun, da fast alle verbliebenen Boxer in der Spitzenklasse des Schwergewichts technisch etwa gleich schlecht sind, könnten die Kämpfe wieder ausgeglichener und dadurch spannender werden. Für Tyson Fury gegen Sefer Seferi wird das wohl noch nicht gelten, weswegen man den Kampf am Samstag ab 20 Uhr auch nur über den Streaming-Dienst Dazn sehen kann, wenn man denn unbedingt möchte. Bald wird wohl Anthony Joshua gegen Fury boxen. Das dürfte wirklich spannend werden.

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Quelle:
SZ vom 09.06.2018
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