Süddeutsche Zeitung

Borussia Mönchengladbach:Powershopping im Borussia-Park

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Während viele Kollegen noch auf der Suche sind, hat Mönchengladbachs Sportchef Max Eberl seine Transfers abgeschlossen.

Philipp Selldorf

Der Manager eines Bundesligaklubs, der mitten in der Transferperiode und Saisonvorbereitung mit seiner Familie Urlaub in Österreich macht? Der gemächlich mit dem Auto reist und auf dem Heimweg noch die Eltern in Bayern besucht? Der muss entweder ein besonders fauler oder ein besonders fleißiger Mann sein. Bis zum Beweis des Gegenteils muss Max Eberl, 36, als besonders fleißig gelten: Der Manager von Borussia Mönchengladbach durfte schon vor einer Woche melden, dass seine Arbeit fürs Erste getan ist.

Mit der Verpflichtung von Juan Fernando Arango, Kapitän der venezolanischen Nationalelf und zuletzt fünf Jahre Profi des spanischen Erstligisten Real Mallorca, beendete Borussia die Einkaufstour im Sommer, daran ändert auch der Unfall von Stammtorwart Logan Bailly nichts, dem zu Hause die tragbare Klimaanlage auf den Fuß gefallen ist - ein Knochenbruch war die Folge.

Während andere Klubs noch angestrengt versuchen, ihre überschüssigen Millionen auszugeben (Stuttgart), ihre überzähligen Profis loszuwerden (Wolfsburg, Bayern) oder prekäre Lücken zu schließen (Bremen, Köln), hat Borussia Powershopping betrieben. Acht Spieler hat Eberl verkauft, verliehen, verabschiedet, sechs unter Vertrag genommen. Die rasche Abwicklung der Geschäfte folgt klaren Absichten.

Im Winter, als Borussia gleich vier neue Leute für die Stammelf holte, gingen Sportchef Eberl und Teammanager Steffen Korrell nach dem selben Prinzip vor. Am 3. Januar - vier Wochen vor dem Schließen des Transferfensters - erschienen Torwart Bailly, die Verteidiger Dante und Stalteri und Mittelfeldchef Galasek zum ersten Training. "So sehe ich meine Arbeit. Das muss mit Nachdruck betrieben werden, damit dem Trainer die neuen Spieler so schnell wie möglich zur Verfügung stehen und er weiß, woran er ist", meint Eberl.

Niemand bezweifelt, dass Borussia ohne die Hilfe dieses Quartetts abgestiegen wäre, was sowohl für die gelungene Integration der Neuen wie auch für deren Qualität spricht. Keine schlechte Startbilanz also für den jungen Manager, der erst seit Oktober 2008, seit Christian Zieges Rücktritt, in der Verantwortung steht. Bis dahin hatte er dem Klub vier Jahre als Jugendkoordinator gedient, davor sieben Jahre als Verteidiger.

Dieser Lebenslauf, komplettiert durch ein Studium in Sportmanagement, hat Eberl den Einstieg naturgemäß erleichtert. "Durch das Studium kann ich nicht erkennen, welcher Transfer richtig oder falsch ist, aber strategisch schafft es eine Grundlage", sagt Eberl, der seine elf Jahre im Profifußball und die Arbeit in der Nachwuchsabteilung als angewandte Wissenschaft betrachtet: "Da lernt man sehr viel, hat mit Beratern, Vereinen und ab und zu auch mit Streitigkeiten zu tun. Und man kann sich seine Hörner abstoßen."

Sein Einkaufsbudget für diesen Sommer hat er sich gewissermaßen selbst verdient: Den für mindestens acht Millionen Euro nach Bremen verkauften Nationalspieler Marko Marin hatte Eberl vor vier Jahren aus dem B-Juniorenteam von Eintracht Frankfurt geholt - für 20.000 Euro Ablöse, Inklusivpreis ohne Zusatzleistungen.

Seine Bekanntschaften mit Spielervermittlern hat Eberl zuletzt erheblich vertiefen dürfen. "Man bekommt ja ständig Namen um die Ohren gehauen", sagt er. "Ich bin da erst mal unvoreingenommen und gucke mir die Vita der Leute an, und wenn ich sehe, dass der Spieler in den vergangenen Jahren in seinen Teams immer gespielt hat, dann fange ich an, mich zu informieren." Borussia unterhält eine Recherchestelle, die Dossiers über Transferkandidaten anfertigt, und im Falle des 29 Jahren alten Arango, der als Nachfolger für Marin vorgesehen ist, kam zu Hilfe, dass auch der fürs Sportliche zuständige Aufsichtsrat Reiner Bonhof etwas beitragen konnte.

Arango war Bonhof noch aus den Zeiten seiner Tätigkeit als Scout für den FC Chelsea ein Begriff. 3,3 Millionen Euro legt Borussia für den Venezolaner an, von dem es heißt, dass er scharf flankt und schießt, dass er aber auch die Launen des Exzentrikers hat: "Aber wenn ich höre, dass er seine besten Spiele beim FC Barcelona und bei Real Madrid gemacht hat, weil er diese Atmosphäre braucht, dann habe ich angesichts der Stimmung im Borussia-Park keine Sorgen", sagt Eberl.

Mit allen neuen Spielern habe man schon vor Saisonende in Kontakt gestanden, berichtet der Sportdirektor. Die Gewissheit des Klassenerhalts beschleunigte das Kennenlernen, beim Bielefelder Marx ("schon lange auf der Liste"), dem in Bern angeworbenen argentinischen Angreifer Bobadilla ("im Sturm muss man ja immer was tun") und auch beim neuen niederländischen Mittelfeldchef Meeuwis, der seit März im Gespräch mit Borussia ist.

"Und Sie werden es nicht glauben", sagt Eberl: "Aber wir überlegen jetzt schon mit unserem Trainer: Was können wir im nächsten Sommer tun, um die Mannschaft zu verbessern?" Wohin ihn dann der Urlaub führt, weiß er aber noch nicht.

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SZ vom 13.07.2009
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