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Wintersport:Deutsche Biathlon-Staffel stürmt aufs Podest

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In Ruhpolding sind nur die russischen Athleten schneller. Auch den deutschen Skispringern gelingt ein zweiter Platz. Kira Weidle wird bei der Abfahrt in Zauchensee Zweite.

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Biathlon: Die deutsche Biathleten haben in der dritten Staffel des Olympia-Winters ein Ausrufezeichen gesetzt und sind erstmals aufs Podium gelaufen. Das Quartett des Deutschen Skiverbandes (DSV) mit Erik Lesser, Roman Rees, Benedikt Doll und Philipp Nawrath belegte beim Heimweltcup in Ruhpolding hinter Russland einen starken zweiten Platz. Drei Wochen vor den Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar) sammelten die DSV-Männer in Abwesenheit des coronakranken Johannes Kühn weiter Selbstvertrauen.

Das DSV-Quartett lag nach nur zwei Nachladern sieben Sekunden hinter den Russen (0+4), die in 1:11:06,1 Stunden siegten. Belarus (+23,0/0+6) wurde Dritter. In den beiden ersten Staffel-Rennen des Olympia-Winters in Östersund und Hochfilzen hatten die DSV-Männer das Podium als Vierte jeweils knapp verpasst. Die Norweger, Sieger der ersten beiden Staffel-Wettbewerbe des Winters, traten ohne ihre Stars an, die derzeit ein Höhentrainingslager absolvieren.

Zum Abschluss der Ruhpolding-Woche stehen am Sonntag die Verfolger der Frauen (12.45 Uhr) und Männer (14.45 Uhr/beide ZDF und Eurosport) auf dem Programm. Danach geht es am Montag zur Olympia-Einkleidung nach München, ehe in Antholz (20. bis 23. Februar) die letzten Rennen vor den Winterspielen stattfinden.

Skispringen: Die deutschen Skispringer sind im letzten Teamwettkampf vor Olympia auf das Podest geflogen und haben für das schwache Abschneiden in der Vorwoche in Bischofshofen Wiedergutmachung geleistet. Im polnischen Zakopane mussten sich die DSV-Adler um Skiflug-Weltmeister Karl Geiger als Zweite nur Slowenien geschlagen geben. Knapp drei Wochen vor dem Start der Winterspiele in Peking (4. bis 20. Februar) lag das deutsche Quartett mit 1034,7 Punkten umgerechnet 67 Meter hinter den überraschend deutlich überlegenen Slowenen (1101,7). Geiger zog vor 9000 Zuschauern in der letzten Runde noch knapp an den Japanern um Vierschanzentournee-Sieger Ryoyu Kobayashi (1034,1) vorbei. Sechs Tage zuvor hatte die deutsche Auswahl in Bischofshofen auch aufgrund eines Sturzes Geigers nur Platz sechs belegt. Neben Geiger, der mit 135,5 und 137,0 m glänzte, zeigte vor allem Markus Eisenbichler (Siegsdorf) mit 126,0 und der Tagesbestweite von 141,5 m im zweiten Durchgang eine starke Leistung. Stephan Leyhe (Willingen/129,5+117,0) sowie Severin Freund (Rastbüchl/121,5+128,5) fielen jeweils bei einem schwachen Sprung ab.

Ski alpin I: Skirennfahrerin Kira Weidle ist nach zuletzt ernüchternden Resultaten beim Abfahrts-Weltcup in Zauchensee der lang ersehnte Befreiungsschlag gelungen. Die 25 Jahre alte Starnbergerin musste sich am Samstag lediglich Weltmeisterin Lara Gut-Behrami aus der Schweiz geschlagen geben. "Es hat richtig Spaß gemacht. Das ist bei mir auch der Schlüssel zum Erfolg. Endlich zurück auf dem Podest", sagte Weidle, die erstmals in ihrer Karriere Platz zwei in einem Weltcup erreichte.

Lediglich eine Zehntelsekunde trennte die Abfahrts-Spezialistin von Gut-Behrami, die sich nach ihrer etwa vierwöchigen Corona-Zwangspause eindrucksvoll zurückmeldete. Dritte wurde Ramona Siebenhofer aus Österreich (+0,44).

"Das Zehntel ärgert mich jetzt schon ein bisschen, aber über einen zweiten Platz darf man nicht meckern. Das bedeutet mit sehr viel derzeit", sagte Weidle mit Blick auf ihren holprigen Saisonstart. Die Plätze zehn und sieben in Lake Louise sowie Rang 39 in Val d'Isere waren "nicht die erhofften Ergebnisse", gestand die gebürtige Stuttgarterin rückblickend. Frust und Enttäuschung waren groß.

"Es ist einhundertprozentig ein Kopfthema", erklärte Weidle zuletzt und nahm professionelle Hilfe in Anspruch. Ein Mentaltrainer sollte helfen, mit den eigenen Erwartungen sowie dem Druck von außen besser umzugehen. Der Erfolg in Zauchensee gibt ihr nun recht. "Ich glaube, dass sich das jetzt in eine gute Richtung entwickelt, obwohl man das nicht überbewerten sollte. Am Ende des Tages muss sie gut skifahren", sagte Damen-Bundestrainer Jürgen Graller.

Am Samstag profitierte Weidle auch von dem Ausscheiden der großen Favoritin Sofia Goggia, die zwischenzeitlich rund vier Zehntel in Führung gelegen hatte. Die Italienerin und Gold-Favoritin in Peking, die bislang alle drei Abfahrten in dieser Saison souverän gewonnen hatte, krachte nach einem Fahrfehler ins Fangnetz. Sie schien sich zunächst nicht ernsthaft verletzt zu haben.

Für den Deutschen Skiverband (DSV) war Weidles zweiter Platz das bislang beste Ergebnis in diesem Olympia-Winter. Das Warten auf den ersten Damen-Sieg seit Viktoria Rebensburgs Triumph 2020 in Garmisch-Partenkirchen geht allerdings weiter. An diesem Sonntag steht noch ein Super-G in Zauchensee auf dem Programm. Hier zählt Weidle nicht zu den Favoritinnen.

Ski alpin II: Eine gewagte Pizzaschnitte hat Skirennfahrer Vincent Kriechmayr zum ersten Weltcup-Erfolg seit März verholfen. Gemeint ist in der Ski-Szene die V-förmige Haltung der Skier - Pizzaschnitte genannt - durch die der Österreicher beim Abfahrts-Weltcup in Wengen eine Kurve perfekt erwischte und so zu seinem umstrittenen Sieg raste. Der 30-Jährige gewann am Samstag mit 0,34 Sekunden Vorsprung vor dem Schweizer Beat Feuz. Dritter wurde der Italiener Dominik Paris (+0,44).

Kriechmayrs Start hatte aufgrund des ihm durch den Weltverband Fis zugesprochenen Sonderstartrechts für reichlich Wirbel gesorgt. Der Weltmeister hatte infolge eines positiven Corona-Tests die Abfahrtstrainings verpasst. Laut Reglement ist die Teilnahme an mindestens einem Training jedoch Pflicht für den Start in der Schussfahrt. Nachdem er durch eine Juryentscheidung grünes Licht bekommen hatte, fuhr Kriechmayr deshalb am Freitagmorgen aus dem Starthaus. Nach wenigen Metern brach er die Fahrt ab.

"Es geht überhaupt nicht um den Vincent Kriechmayr, sondern um die Reglements, die da sind, damit jeder weiß, was er zu tun hat", hatte der Alpindirektor des Schweizer Skiverbandes, Walter Reusser, dem ZDF gesagt. Der Zweitplatzierte Feuz gratulierte am Samstag mit einem Augenzwinkern: "Dafür, dass du kein Training gefahren bist, war das eine sehr gute Fahrt."

Die deutschen Speed-Herren mussten nach ihrem Debakel am Vortag den nächsten Dämpfer hinnehmen und verpassten geschlossen die Top 15. Dominik Schwaiger fuhr als bester DSV-Athlet auf Rang 17. Zwei Positionen dahinter landete Romed Baumann. "Mir hat die hundertprozentige Überzeugung gefehlt. Umso weiter es nach unten gegangen ist, desto träger ist es geworden", sagte Baumann im ZDF mit Blick auf die längste Abfahrt im Weltcup-Kalender.

Simon Jocher und Josef Ferstl kamen nicht über die Plätze 24 und 30 hinaus. Der WM-Zweite Andreas Sander hatte schon vor dem Rennen auf seine Formkrise reagiert und auf einen Start verzichtet. Am Sonntag steht in der Schweiz noch ein Slalom auf dem Programm.

Bob: Zweier-Olympiasiegerin Mariama Jamanka hat sich bei der Generalprobe für die Olympischen Spiele in Peking zur Europameisterin im Monobob gekürt. Die Oberhoferin setzte sich beim kombinierten Wettbewerb aus EM und World Series auf der Natureisbahn in St. Moritz im europäischen Starterfeld mit einer Hundertstelsekunde Vorsprung vor der WM-Dritten Laura Nolte durch.

"Ich habe mein bestes Monobob-Ergebnis eingefahren. Ich bin Europameisterin, das muss man auch erstmal verdauen. Ich freue mich einfach gerade", sagte Jamanka: "St. Moritz ist eine Strecke, die mir sehr, sehr liegt, weil sie sehr lang ist und der Start nicht so eine große Rolle spielt." Neben Jamanka erhält Nolte einen von zwei deutschen Startplätzen bei der Olympia-Premiere des Einzelschlittens in Peking (4. bis 20. Februar).

Die ersten drei Plätze in der "internationalen" Wertung des Rennens gingen am Samstag an Kaillie Humphries, Elana Meyers Taylor (beide USA) und Cynthia Appiah.

Damit warten die deutschen Frauen in der sogenannten World Series weiter auf den ersten Erfolg in der jungen Disziplin, wenn diese im Rahmen eines Weltcups ausgetragen wird. Im Monobob werden bei den Winterspielen in China erstmals olympische Medaillen vergeben.

Rodeln: Rennrodler Johannes Ludwig hat drei Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking den fünften Saisonsieg eingefahren. Der Olympia-Dritte und souveräne Weltcup-Spitzenreiter führte auf seiner Heimbahn in Oberhof mit Bahnrekord einen deutschen Dreifachtriumph vor Max Langenhan (Friedrichroda/+0,304 Sekunden) und dem früheren Dominator Felix Loch (Berchtesgaden/+0,316) an.

"Es lief heute wirklich wie am Schnürchen. Es gibt Tage, da geht vieles auf. Insgesamt war es echt schön", sagte Ludwig, der am vergangenen Wochenende im lettischen Sigulda das Podest verpasst hatte: "Ich habe mich auf der Bahn richtig wohlgefühlt, es hat richtig viel Spaß gemacht."

Rekord-Weltmeister Loch (32), dessen Formkurve nach einer schwierigen Saison auch in Oberhof weiter nach oben zeigt, war in Sigulda auf Rang zwei gefahren. Zum Auftakt hatte Loch mit zwei zweiten Plätzen auf der Olympiabahn nahe Peking und in Sotschi noch überzeugt, danach schaffte es der dreimalige Olympiasieger zunächst nicht mehr auf das Podest. Im Dezember sorgte zudem eine Corona-Infektion für eine Zwangspause.

"Es war ein super Tag. Im Moment bin ich voll happy, vorne auf dem Podest zu stehen. Vor allem nach meiner Corona-Infektion", sagte Loch: "Der Hansi hat heute zweimal einen richtig geilen Lauf hingelegt und verdient gewonnen." Chris Eißler (Zwickau) landete am Samstag in Oberhof auf Platz zehn, David Nößler (Oberhof) fuhr bei seinem Weltcup-Debüt auf seiner Heimbahn auf einen beachtlichen 13. Rang.

Bis zu den Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar) steht noch eine letzte Weltcup-Station im Rennkalender: Am kommenden Wochenende steigt in St. Moritz (22./23. Januar) die Generalprobe für Olympia.

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