Süddeutsche Zeitung

Biathlon:65 vertuschte Dopingfälle und zwei halbe Rücktritte

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Dem Biathlon-Weltverband IBU wird vorgeworfen, seit 2011 insgesamt 65 Dopingfälle vertuscht zu haben. Dies berichten die norwegische Zeitung Verdens Gang und der Fernsehsender NRK unter Berufung auf Ermittlerkreise. Hinweise darauf - und auf damit in Verbindung stehende Bestechungsgelder - hatte auch der russische Whistleblower Grigori Rodtschenkow, der frühere Leiter des Anti-Doping-Labors in Moskau, sowie ein nicht namentlich genannter Informant in einem Bericht der französischen Tageszeitung Le Monde gegeben.

Als direkte Konsequenz teilte die IBU am Donnerstag mit, dass Verbandspräsident Anders Besseberg, der im Mittelpunkt der Ermittlungen steht, sein Amt ruhen lässt, solange die Untersuchungen andauern. Die deutsche Generalsekretärin Nicole Resch wird für diesen Zeitraum ebenfalls von ihrem Amt enthoben.

Besseberg hatte zuvor zwar nicht die Zahl, allerdings die im Raum stehenden Vorwürfe bestätigt. "Es wird behauptet, dass wir verdächtigen Proben nicht nachgegangen sind und dass es russische Athleten gab, die mit verbotenen Substanzen im Körper an der WM 2017 teilgenommen und dabei Preisgelder erkämpft haben", sagte Besseberg. In Hochfilzen hatte die russische Männerstaffel Gold und die Mixed-Staffel Silber gewonnen. Preisgelder verteilt die IBU bei ihren Rennen aber auch für Platzierungen außerhalb der Podestränge.

Besseberg lässt sein Amt nun ruhen

Besseberg erklärte, dass bei einer Razzia in seinem Wohnsitz Telefone, Computer und Dokumente sichergestellt worden seien. Gleichzeitig wies Besseberg, der seit 1993 IBU-Präsident ist, die Vorwürfe zurück: "Ich denke, wir haben im Einklang mit den Richtlinien gehandelt. Aber ich kann nicht sagen, ob die Ermittler das genauso sehen."

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat zunächst zurückhaltend auf die Vorfälle reagiert und sein "vollstes Vertrauen in die ermittelnden Behörden" ausgedrückt. Der Deutsche Skiverband (DSV) zeigte sich hingegen entsetzt und bezeichnet die Vorgänge als "nicht gut für den Sport im Allgemeinen und den Biathlon im Speziellen". "Sollten sich die Verdächtigungen erhärten und bestätigen, wäre das ein Schlag in das Gesicht des gesamten organisierten Sports", teilte DSV-Sprecher Stefan Schwarzbach mit.

"Wir gehen davon aus, dass solche Razzien nicht grundlos und ohne Indizien erfolgen", sagte Schwarzbach. Der DSV sei "überrascht von den Vorfällen, da wir weder vorab informiert worden sind, noch Informationen besaßen, die eine Entwicklung in diese Richtung angedeutet hätten." Mit der IBU stehe der DSV derzeit nicht in Kontakt.

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