Süddeutsche Zeitung

Beachvolleyball:Steril am Strand

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Die deutschen Spieler beenden ihre nationale Serie mit den Titelkämpfen in Timmendorfer Strand - alleine das ist ein Erfolg. Auf dem Weg zu Olympia 2021 in Tokio wartet aber noch viel Arbeit.

Von Sebastian Winter, Timmendorfer Strand/München

Julius Thole und Clemens Wickler sind eher analytische Typen, keine Lautsprecher, die man schon wahrnimmt, bevor sie um die Ecke biegen. Und so nahmen der Starnberger Wickler und der Hamburger Thole am Sonntag äußerlich recht ungerührt den Titelgewinn bei den deutschen Beachvolleyball-Meisterschaften in Timmendorfer Strand zur Kenntnis. Es war ihr zweiter gemeinsamer Meisterschaftserfolg nach 2018, Wicklers insgesamt vierter. Klar, sie freuten sich über das 21:12, 21:18 gegen Nils Ehlers (Hamburg) und Eric Stadie (Berlin). Aber der Sieg der WM-Zweiten war wohl auch etwas zu routiniert, um richtig überschwänglich zu werden. Andererseits passten die spärlich gezeigten Emotionen im Männer-Finale auch zum Turnier.

Üblicherweise spritzt nach den Finals Sekt durch die mit 6000 Zuschauern prall gefüllte Ahmann-Hager-Arena am Ostsee-Strand, und wenn die Stimmung besonders ausgelassen ist, robben die Spieler nach der Siegerehrung zusammen durch den Sand. Dieses Mal aber gab es statt der Raupe nur ein paar Handshakes, und die von den Behörden zugelassenen 200 Zuschauer, die sich auf den Tribünen verloren, klatschten brav in die Stille hinein.

Immerhin wurden die Vorgaben erfüllt, "alle Corona-Tests der Spieler waren negativ, die Zuschauer haben sich an die Regeln gehalten, das Sicherheitskonzept hat funktioniert", sagte Niclas Hildebrand. Aber der Sportdirektor des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) bestritt nicht, dass sein Sport in diesem Rahmen etwas verloren wirkt: "Wir sind eine Event-Sportart, und wenn man die gesamte Beachtour dieses Sommers Revue passieren lässt, mit der Qualifikation in Düsseldorf und Hamburg und nun der DM hier, war das schon sehr steril. Und es ist undankbar, wenn nach einem sensationellen Ballwechsel niemand außer den beiden Trainern applaudiert." In Düsseldorf und Hamburg hatten gar keine Fans auf die Tribünen gedurft.

Was bleibt nun von diesem Sommer, der noch nicht ganz vorbei ist - vorausgesetzt die Europameisterschaften vom 15. bis 20. September finden tatsächlich statt im lettischen Ostseebad Jurmala? Dorthin will der DVV acht Teams entsenden, fehlen werden aber in jedem Fall die einheimischen Titelverteidigerinnen Tina Graudina und Anastasija Kravcenoka, weil Graudina positiv auf das Coronavirus getestet wurde.

Dass die deutschen Beachvolleyballer ihre nationale Serie und Meisterschaften gespielt haben, dürfen sie als Erfolg verbuchen. Der Streit des Verbandes mit dem Spieler Alexander Walkenhorst, der im Frühsommer eine hochwertige private Serie initiiert und sich damit gegen den DVV positioniert hatte, scheint auch beigelegt zu sein. Walkenhorst nahm mit Sven Winter an den Meisterschaften teil - und wurde Dritter. Thole und Wickler haben ihren Status als weitaus bestes deutsches Männerduo auch unter dem Druck bestätigt, erstmals als Topgesetzte zu starten. Derzeit sind sie für Olympia 2021 in Tokio die einzigen Medaillenhoffnungen des DVV.

Die Frauen geben dagegen weiterhin Rätsel auf. Olympiasiegerin Laura Ludwig findet auch im zweiten Jahr mit Margareta Kozuch keine Konstanz. Sie zogen mühevoll ins Finale ein, verloren dort aber in drei Sätzen gegen Sandra Ittlinger, die ihren ersten Titel gewann, und Chantal Laboureur. Vor allem Ludwig wirkte im Finale fahrig, später sagte sie selbstkritisch: "Ich muss mich fast schämen, weil ich keine Lösung gefunden habe." Das in der Weltrangliste derzeit beste deutsche Frauenduo, Karla Borger und Julia Sude (die ihre einstige Partnerin Laboureur vor eineinhalb Jahren ziemlich überraschend vor die Tür gesetzt hatte), gab verletzt auf.

Richtig überzeugt haben nur die neuen Meisterinnen, die aber kaum noch Chancen auf Olympia haben, weil sie wegen einer Schulterverletzung Laboureurs in der Weltrangliste weit zurückgefallen sind. Kozuch/Ludwig und Borger/Sude haben paradoxerweise bessere Aussichten, obwohl in diesem Jahr keine hochwertigen internationalen Turniere gespielt wurden, bei denen sie Punkte hätten sammeln können. Sportdirektor Hildebrand erklärt das damit, dass zwei direkte Konkurrenz-Duos aus den Niederlanden und der Slowakei sich getrennt haben. Trotzdem ist er skeptisch hinsichtlich Ludwigs und Kozuchs Formkurve: "Ich hatte gehofft, dass sie den Schwung aus der letzten Saison mitnehmen. Die Konstanz fehlt allen, außer Ittlinger/Laboureur. Und bei der EM in zwei Wochen wird sich daran nicht viel ändern."

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Quelle:
SZ vom 08.09.2020
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