Süddeutsche Zeitung

BBL:Alle mal nachdenken

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Die Basketballer des FC Bayern buchen mit dem 3:0 gegen Braunschweig das Playoff-Halbfinale. Marko Pesic übt dennoch deutliche Kritik an Team und Trainer.

Von Ralf Tögel

Wenn ich wüsste, woran es lag, hätten wir nicht wieder so schlecht ausgesehen", erklärte Danilo Barthel. "Wenn sie heißlaufen, laufen sie heiß. Wir waren einfach zu statisch", fand Petteri Koponen. Und Marko Pesic ätzte: "Ich hoffe, dass wir die Zeit bis Sonntag sinnvoll nutzen, denn wir im Halbfinale so auftreten, gehen wir unter, dann haben wir dort nichts verloren." Sprechen so Sieger? Wohl nur, wenn es sich um den FC Bayern München handelt. Der Frust von Teamkapitän, Distanzschützen und Geschäftsführer war nach dem dritten Sieg gegen die Löwen Braunschweig und dem damit makellos erreichten Einzug in das Playoff-Halbfinale um die deutsche Basketball-Meisterschaft dem Anspruch des Titelverteidigers geschuldet. Der bewegt sich mittlerweile in Fußballsphären, bei den drei Spielen gegen den krassen Außenseiter passte nur das Ergebnis.

Schließlich traf der Hauptrunden-Souverän inklusive Heimrecht-Bonus in der Best-of-five-Serie auf den Achten, der das Viertelfinale erst auf den letzten Drücker erreicht hat. Braunschweigs Trainer Frank Menz, der die Löwen nach der Saison verlassen wird, erstarrte verbal geradezu in Ehrfurcht, auch nach der 77:87-Niederlage am Sonntagabend im Audi Dome sprech er von der "riesen Anerkennung, die erste Runde gegen München spielen zu können". Gegen einen Gegner, an dem man sich orientiere, "der uns zeigt, wo die Messlatte liegt". Nicht sonderlich hoch, darf man nach dem Viertelfinale attestieren.

Zeigten die Braunschweiger beim ersten Vergleich im Dome zu viel Respekt, war selbiger im Heimspiel bereits abgelegt. Ein paar Minuten vor Schluss stand es Remis, im dritten Vergleich, wieder auf Münchner Parkett, lagen die Niedersachsen zwischenzeitlich sogar in Führung. Und das, obwohl die Löwen in den beiden letzten Partien ohne ihre beiden besten Akteure auskommen mussten. Topscorer DeAndre Landsdowne knickte nach sechs Minuten in Partie zwei um, Scott Eatherton fehlte sowieso verletzt. Trotzdem hatte Braunschweig "immer die Chance zu gewinnen", wie Marko Pesic missmutig festhielt, was ihm Respekt vor dem Gegner abnötige, der aber keinesfalls "unser Maßstab sein kann".

Eine Woche hat der Meister nun Zeit, die Viertelfinalserie zu verarbeiten, es dürfte eine wenig erquickliche Analyse anstehen. Der Geschäftsführer wollte sich auf die Ursachen der so plötzlichen wie unerwarteten Einbrüche angesprochen nicht äußern, in allen drei Vergleichen hatten die Bayern nach einer jeweils starken Anfangsphase nebst hoher Führung jeglichen Rhythmus verloren, fehlerhaft und unerklärlich pomadig gespielt. Woran dies gelegen habe? "Das sollen die Spieler und der Trainer erklären", sagte Pesic, man durfte den Einlassungen des Geschäftsführers durchaus entnehmen, dass ihm die Einstellung seines Personals nicht gefallen hat. Immerhin gibt ihm das "hohe Maß an Intelligenz im Trainerstab und bei den Spielern" Anlass zur Hoffnung: "Das werden sie jetzt auch brauchen, denn so geht es nicht weiter."

Deutliche Worte, denen Barthel vollumfänglich zustimmte, der Kapitän führte noch die unorthodoxe Spielweise des Gegners ins Feld. Die Löwen spielten mit enormer Leidenschaft, verteidigten sehr aggressiv, flitzen unermüdlich über das Feld und nahmen sich ohne groß zu überlegen ihre Würfe. Diese Unbekümmertheit und eine ordentliche Trefferquote genügten, um die behäbigen Bayern in arge Bedrängnis zu bringen. Trainer Radonjic wollte wenig Erhellendes zum Gezeigten beitragen, er war sichtlich bedient und sagte, dass man "alles während der Woche besprechen werde - intern". Petteri Koponen war neben Barthel einer der Wenigen, die sich in Playoff-Form präsentierten, der Distanzschütze blieb bei seinen fünf Dreierversuchen fehlerlos, Barthel war mit 16 Zählern Topscorer. Und dann gibt es ja noch Derrick Williams, der in brenzligen Momenten mit seiner körperlichen Präsenz zur Stelle ist, sei es mit einem Block, einem Rebound oder einem Korb. Letztlich war es auch die individuelle Klasse des FCB, die nach dem 77:77 mit zehn Punkten in Serie den Unterschied machte, dann sind Spieler wie der NBA-erfahrene Williams oder Routinier Vladimir Lucic zur Stelle.

Für den angepeilten Titel wird es so aber nicht reichen, da sind sich alle Protagonisten einig. Egal gegen wen es geht im ersten Halbfinalspiel am Sonntag (18 Uhr) im Dome, ob Überraschungsaufsteiger Vechta oder die kriselnden Bamberger. Vieles spricht für die Niedersachsen, die am Dienstagabend in Bamberg den ersten Matchball haben, sie führen in der Serie 2:1. Sollte Bamberg den Ausgleich schaffen, steigt Spiel fünf am Donnerstag in Vechta. Die Niedersachsen im Übrigen, daran erinnerte Marko Pesic noch spitz, pflegen einen sehr ähnlichen Spielstil wie Braunschweig.

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SZ vom 28.05.2019
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