Süddeutsche Zeitung

Bayern-Profi Luiz Gustavo:Erste Konsequenz im Luxus-Kader

Lesezeit: 3 min

18 Nationalspieler hat Bayern-Coach Pep Guardiola zum Saisonstart zur Verfügung. Da sind unzufriedene Gemüter fast vorprogrammiert. Luiz Gustavo erhält deshalb die Erlaubnis zum Wechsel - sofern ein Klub die stattliche Ablösesumme bezahlt.

Von Kathrin Steinbichler

Als Jogi Löw am Mittwoch im eng geschnittenen weißen Businesshemd an der Säbener Straße vorbeischaute, um Karohemd-Liebhaber Pep Guardiola einen ersten Besuch abzustatten, waren die Fotoleuchten und die Studiowände für das Shooting schon wieder abgebaut. Der Bundestrainer bekam also nicht mehr mit, wie sich die Profifußballer des FC Bayern München als Models schlugen. Am Dienstag noch hatten die Bayern und ihr neuer Trainer in der benachbarten Übungshalle der Bundesliga-Basketballer Extraschichten für die Fotografen einlegen müssen.

Die zivile Einkleidung für die neue Saison stand an, von der dunklen Socke über den edlen Dreiteiler bis zum glänzenden Mantel war das Ausgeh-Dress des Triple-Gewinners auf langen Kleiderständern aufgereiht. Auch Luiz Gustavo zwängte sich für die Fotos im Hochsommer in die wattierte Winterjacke des Klubausstatters. Allzu lange dürfte der defensive Mittelfeldspieler aber nicht mehr in der Arbeitskleidung der Münchner zu sehen sein.

"Am Ende ist die Frage: Was will Luiz, was will der FC Bayern? Wir werden diese Frage in aller Ruhe lösen", kommentierte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge am Mittwoch auf Sport1 die Transfergerüchte um den Brasilianer, der noch bis 2015 unter Vertrag steht, diese Woche aber über seinen Berater Roger Wittmann bereits Verhandlungen mit Ligakonkurrenten VfL Wolfsburg aufgenommen hat.

Vor knapp zwei Wochen hatte VfL-Manager Klaus Allofs ein erstes Mal offiziell wegen Gustavo bei den Münchnern angefragt. Mittelfeldmann Diego zieht es noch immer ins Ausland, und die Wolfsburger würden ihn gerne mit der Verpflichtung eines weiteren Brasilianers zum Bleiben überreden.

Rummenigge rechnet jedoch nicht damit, ,,dass es hier in den nächsten Tagen schon eine Entscheidung gibt. Die Frage ist, ob Luiz zu einem Klub möchte, der im nächsten Jahr leider nicht mal international spielt, oder ob er etwas Größeres vorhat". Luiz Gustavo sucht ein Jahr vor der WM in Brasilien vor allem einen Verein, der ihn auch spielen lässt. Denn im neuen 4-1-4-1-System von Pep Guardiola ist nun mal kaum Platz für den 26-Jährigen, der in der Vorsaison immerhin 22 Spiele in der Bundesliga (vier Tore) und zehn Partien in der Champions League absolvierte:

Auf der zentralen Position vor der Defensivkette kämpfen zuvorderst Bastian Schweinsteiger, Thiago Alcántara und Javier Martinez um Einsatzzeiten. Die Erlaubnis zum Wechsel hat Luiz Gustavo also erhalten, offen bleibt nur, ob Wolfsburg oder ein anderer Bewerber den zweistelligen Millionenbetrag bezahlen können oder wollen, den die Münchner für den Nationalspieler fordern. Zwischen 18 und 20 Millionen Euro werden angeblich für den brasilianischen Nationalspieler aufgerufen.

Wenige Tage vor dem Heimauftakt gegen Mönchengladbach machte Rummenigge aber auch klar, dass trotz etlicher Angebote und Spekulationen außer Gustavo kein anderer aus dem üppig besetzten Kader des FC Bayern die Freigabe bekomme. "Sollte Luiz den FC Bayern noch verlassen, wird er der einzige Abgang sein", sagte Rummenigge. "Ansonsten werden wir keinen Spieler mehr verkaufen, der Kader steht. Es ist kein kleiner Kader, aber es stehen uns auch viele und hohe Aufgaben bevor. Wir spielen in der Bundesliga, in der Champions League, bei der Klub-WM. Da brauchen wir einen solchen Kader."

18 Nationalspieler aus unterschiedlichsten Ländern hat Guardiola zur Verfügung, da sind unzufriedene Gemüter fast vorprogrammiert. Der Spanier hat so neben seinen Fußballideen ein zweites Aufgabenfeld zu bestellen: das Moderieren von Wünschen, Ansprüchen und Befindlichkeiten.

Noch am Montagabend nach dem Pokalspiel gegen Rehden hatte Guardiola ein erstes Mal das Bedürfnis gehabt, die Erwartungshaltung zu dämpfen. Sieben Wochen habe er erst mit der Mannschaft gehabt, und er sei auch kein "Super-Super-Trainer". Am Dienstagabend saß er dann im frisch renovierten Stadion an der Grünwalder Straße, um sich das 2:0 der Bayern-Nachwuchsmannschaft im Regionalligaderby gegen 1860 München anzusehen. Guardiola ist eben ein Fußballarbeiter, ein Trainer mit dem Anspruch, über alles persönlich Bescheid zu wissen. Auch über die Gemütslage seiner Spieler.

Bei Luiz Gustavo war keinem verborgen geblieben, dass er mit der in Aussicht gestellten Rolle als noch weniger gebrauchter Teilzeitarbeiter nicht mehr zufrieden war. Auch andere wie die Außenverteidiger Rafinha oder Diego Contento werden damit leben müssen, nicht so oft wie gewünscht oder sogar nur als Verletzungsersatz zum Zug zu kommen. Als sie bei der Einkleidung für das Foto posierten, sahen sie trotzdem sehr gut aus.

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SZ vom 08.08.2013
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