Süddeutsche Zeitung

Bayer Leverkusen:Gut gereimt

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Leverkusen lässt derzeit sogar Pflichtsiege elegant aussehen, die Protagonisten Brandt und Havertz wecken Begehrlichkeiten.

Von Milan Pavlovic, Leverkusen

Ein einziges Mal kam Julian Brandt aus dem Takt. Beim 2:0 gegen Freiburg hatte er mit Spielwitz und unaufhörlichen Tempoläufen geglänzt, war Gestalter und vorderster Zerstörer in einem. Aber dann kam die Rede auf einen möglichen Wechsel zum FC Bayern. Der 22-Jährige, der Sprachautomatismen von Profis gewöhnlich meidet, haspelte kurz. Erst dann hatte er auf seiner Festplatte jene Sentenz gefunden, die er für diesen Fall abrufbereit präpariert hatte: "Ich bin hier und habe einen langen Vertrag", sagte er. "Solange ich mit den Jungs zocken kann, gibt es keinen Grund, warum ich ungeduldig werden sollte." Sein Rat: "Der Verein sollte jetzt auch nicht unruhig werden."

Die Furcht davor, dass zwei der größten deutschen Offensiv-Talente in absehbarer Zeit den Höhepunkt der Narrenzeit nicht mehr an Rosenmontag, sondern an Faschingsdienstag erleben, ist damit nicht gebannt. Je häufiger Brandt und sein erst 19- jähriger Kollege Kai Havertz demonstrieren, dass sie nicht früh-, sondern richtig reif sind, desto größer dürften die Begehrlichkeiten größerer Klubs werden. "Solche Spieler auf dem Platz, das ist ein Gedicht für den Peter Bosz", sagte Freiburgs Trainer Christian Streich zu seinem Kollegen.

Als Coach muss man sich aber dennoch alles zusammenreimen. Gegen Freiburg wurde wieder deutlich, warum der Trainerwechsel in Leverkusen der richtige Schritt war. Unter Heiko Herrlich hatte die Werkself manchmal brilliert, aber häufiger verkrampft agiert. Unter Peter Bosz lässt das Team nun oft auch Siege gegen unangenehme Gegner wie Wolfsburg (3:0), Düsseldorf (2:0) oder Freiburg elegant und scheinbar mühelos aussehen. "Wir haben vorne keinen Zugriff bekommen", sagte Streich. Bayer ließ den laufstarken Kontrahenten mit einer Mischung aus dynamischem One-Touch- und geduldigem Ballbesitz-Fußball reihenweise ins Leere rennen. Wenn sich die Gelegenheit bot, wie etwa beim Konter zum 2:0 durch Bailey (73.), folgte eine Tempoverschärfung über Brandt und Havertz. "Das sieht nur so einfach aus", japste Brandt. Sein Team hatte geschuftet und kam wie Freiburg auf nahezu 129 Laufkilometer - mit dem feinen Unterschied, dass darunter die richtigen Meter waren.

Vorsichtig meldeten die Spieler höhere Ansprüche an. Torwart Lukas Hradecky sagte: "Es ist nicht unmöglich, noch unter die ersten Vier zu kommen." Dann widmete sich der Finne näheren Zielen und kündigte nach Leverkusens erstem Sieg an einem Karnevalssamstag seit 2012 an: "Wir werden jetzt sicher ein bisschen feiern", um schelmisch hinzuzufügen: "Ich brauche keinen besonderen Grund, um Alkohol zu trinken."

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Quelle:
SZ vom 04.03.2019
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