Süddeutsche Zeitung

Basketball:Der Boden ist bereitet

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Die FC-Bayern-Basketballer bezwingen den Mitteldeutschen BC zum Saisonauftakt mühevoll 96:87. Mehr ins Auge als der Arbeitssieg fällt den Zuschauern der neue LED-Glasboden.

Von Sebastian Winter

Ob sie nun wollten oder nicht, die Zuschauer wurden am Freitagabend Teil einer digitalen Inszenierung. Die Innovationsabteilung der FC-Bayern-Basketballer hatte sich ja eine hübsche Idee einfallen lassen für den Saisonstart in eigener Halle gegen den stets recht mittelmäßigen Mitteldeutschen BC. Vielmehr war es ein computergeneriertes Feuerwerk, das sie da unten auf dem Parkett zündete. Oder besser: auf dem einstigen Parkett. Denn die Basketballer spielten an diesem Abend auf einem in grau, blau und weiß gehaltenen LED-Glasboden. Als "Weltpremiere" hatten sie den neuen Untergrund angekündigt, was insofern stimmte, als dass der Video-Glasboden erstmals in einem Spiel einer ersten Liga eingesetzt wurde.

Und so blinkte und strahlte es da unten überall, nach Freiwürfen leuchteten weiße Ringe darauf, die Choreografien der Cheerleader wurden digital unterfüttert. Die Linien waren digital eingezeichnet, die Sponsorenlogos auch, was die Spieler bereits vor dem Anpfiff lobten - da es keine Gefahr mehr gab, auf den auf das Parkett geklebten Logos wegzurutschen. Die Möglichkeiten dieser Technik sind enorm, Statistiken, Werbung, gestochen scharfe Bilder und Videos, alle möglichen grafischen Spielchen sind denkbar.

Die Grenzen zwischen Musikvideo und analoger Halbzeitshow scheinen zu verschwimmen

Und das Publikum verschmolz mit dem Kunstwerk, es hatte ja vor dem Spiel LED-Armbänder vom Sponsor geschenkt bekommen, die bei jeder spektakulären Aktion blinkten und flackerten. Fehlte eigentlich nur noch eine Fernsteuerung, um die Weltmeister Isaac Bonga und Andreas Obst und ihre Münchner Kollegen zum Korberfolg zu lenken. In der Halbzeitpause - die Bayern führten mittlerweile nach holprigem Start 50:40 - entfaltete der Boden dann seine volle Pracht, DJ, Geiger und Rapper performten Gangsta's Paradise von Coolio, das Glas unter ihnen zeigte Wolken, Kugeln, abstrakte Formen. Die Grenze zwischen Musikvideo und analoger Performance schien zu verschwimmen.

Sportlich bot der Abend wesentlich weniger Spektakel. Der kürzlich noch verpflichtete 1071-NBA-Spiele-Mann Serge Ibaka kam im ersten Viertel als Einwechselspieler aufs Feld, traf nach 31 Sekunden im zweiten Viertel zum 24:22 für die Bayern - und fand sich im Anschluss lange Zeit auf der Bank wieder. Ein wenig Eingewöhnungszeit dürfte der 34-Jährige noch benötigen, sechs Punkte leuchteten am Ende auf der - digitalen - Anzeigetafel für ihn. Dafür strahlten Andreas Obst und Isaac Bonga ein wenig weltmeisterlichen Glanz aus: Obst traf seine Dreier, Bonga blockte, als stünden sie gerade im WM-Halbfinale gegen die USA. Obst kam schließlich wie Bonga auf 15 Punkte. Topscorer der Bayern war aber der argentinische Zugang Leandro Bolmaro mit 16 Zählern. 96:87 gewann der Titelfavorit die Partie gegen den MBC, eineinhalb Minuten vor Schluss war es noch einmal richtig eng geworden. Letztlich war es ein klassischer Arbeitssieg gegen einen lange Zeit unangenehmen Außenseiter.

Auch Vertreter der Profiliga NBA inspizieren das Spektakel

Was nun bleibt von diesem Abend? Vertreter der US-amerikanischen Profiliga NBA waren persönlich erschienen, um sich das LED-Spektakel anzuschauen, und die Firma am Chiemsee, die den Boden herstellt, hofft nun, mit ihrer nicht ganz preiswerten Neuerung zunächst einmal die Basketballwelt zu erobern. Das Problem sind einerseits die Kosten, die pro Boden im unteren siebenstelligen Bereich liegen sollen, außerdem dauert es Tage, ihn zu installieren. Ein weiteres Manko: Ein solcher Belag ist auf internationalem Parkett, wie in der Euroleague, also der Champions League des Basketballs, und auch in der NBA nicht zugelassen. Die Basketball-Bundesliga hat hingegen das Bespielen digitaler Glasböden in ihre Statuten aufgenommen.

Die Bayern liebäugeln damit, den neuen Boden von der Saison 2024/25 an in ihrer im Bau befindlichen Arena im Olympiapark einzubauen - sollte sich die digitale Spielwiese durchsetzen. Die Spieler aber, die bleiben dem Vernehmen nach aus Fleisch und Blut.

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