Süddeutsche Zeitung

Basketball:Energisch gegen den Einzelkönner

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Die Basketballer des FC Bayern München schlagen Bonn 100:81 und kehren an die Tabellenspitze der Bundesliga zurück. Auch, weil ihnen endlich wieder eine starke Vorstellung in der Offensive gelingt.

Von Sebastian Winter

Vor dem Saisonstart hätte dies wohl kaum jemand für möglich gehalten: dass die Telekom Baskets Bonn an diesem 16. Januar als Tabellenführer zum Spitzenspiel der Basketball-Bundesliga beim direkten Verfolger FC Bayern München antreten würden. Die vergangene Saison hatten die Bonner als Dreizehnter beendet, die vorletzte Spielzeit gar als Fünfzehnter, die Playoffs hatten sie jeweils in aller Deutlichkeit verpasst. Künftig müssen sich die Bonner auch noch einen neuen Namens- und Hauptsponsor suchen - der langjährige Unterstützer, die Telekom, bleibt zwar an Bord, fährt ihr Engagement aber zurück. Bonn galt also durchaus als Mannschaft der Stunde - bis zum Sonntag. Da wiesen die Münchner Bonn mit einer starken Leistung mit 100:81 (49:42) in die Schranken. Der deutliche Erfolg beförderte sie zugleich wieder an die Ligaspitze.

Nach der schwierigen Woche, mit einer üblen Heimniederlage gegen Chemnitz sowie einem Pflichtsieg und einer ärgerlichen Niederlage in der Euroleague gegen Kaunas und Monaco, hatten sich die Mannschaft und ihr Trainer Andrea Trinchieri einen versöhnlichen Abschluss gewünscht. Doch dann lagen sie wie zuletzt öfter im ersten Viertel schon wieder zurück, mit 9:16. Sie ließen sich vor allem von Bonns so kleinem wie quirligen Spielmacher Parker Jackson-Cartwright, 26, ärgern, der nach zehn Minuten Spielzeit schon elf Punkte gesammelt hatte und am Ende auf 30 Zähler kam.

"Jackson ist ein sehr interessanter Spieler", sagte Bayern-Trainer Andrea Trinchieri nach der Partie, "aber wir hatten Bonns Offense unter Kontrolle". Die Münchner wussten genau, dass sie den Einzelkönner Jackson-Cartwright in seinen unnachahmlichen Dribblings nur bedingt bremsen können. Sie ließen ihn also immer mal wieder zaubern, schnitten ihn aber zugleich von seinen Kollegen ab, indem sie deren Kreise massiv einschränkten. "Uns war klar, dass er ziemlich heiß laufen kann, deshalb war es auch unser Ziel, seine Unterstützer nicht so ins Laufen kommen zu lassen", sagte Bayerns Dreierschütze Andreas Obst. Und so kam bei den Bonnern, deren Spiel extrem auf Jackson-Cartwright zugeschnitten ist, nur noch Justin Gorham auf mehr als zehn Punkte. Die Münchner hingegen zeichneten sich durch echtes Teamplay aus, in Deshaun Thomas (18), Vladimir Lucic (14), Andreas Obst (14), Zan Mark Sisko (12), Nick Weiler-Babb (12) und Corey Walden (10) punkteten gleich sechs Spieler zweistellig.

Mitte des zweiten Viertels hatten die Bayern den Rückstand beim 38:34 längst egalisiert, auch weil Jackson-Cartwright es mit seinen hohen Anspielen an den Korb etwas übertrieb und Jeremy Morgan wegen seines frühen dritten Fouls von Trainer Tuomas Iisalo eine Pause bekam. Mit einem Sieben-Punkte-Vorsprung gingen die Münchner in die Halbzeitpause, das dritte Viertel endete mit einem großartigen Anspiel von Lucic von der Grundlinie auf den enteilten Thomas, der bei seinem erfolgreichen Korbleger auch noch gefoult wurde - 78:63.

"Es gab zu viele Fehler in unserer Verteidigung, und sie haben auch die schwierigen Dreier getroffen", sagt Bonns Trainer

Die Dreier-Ausbeute war ein weiterer Schlüssel in diesem attraktiven Spiel, München hatte zur Pause eine Quote von sage und schreibe 89 Prozent, nur ein einziger der neun Versuche verfehlte sein Ziel. Und das gegen jene Mannschaft, die wie kaum eine andere in der Liga den Gegner mit Würfen aus der Distanz zu schlagen versucht. Doch den Bonnern unterliefen diesmal zu viele Schnitzer, und die Bayern hatten am Ende eine noch immer glänzende 66-Prozent-Quote. "Es gab zu viele Fehler in unserer Verteidigung, und sie haben auch die schwierigen Dreier getroffen", sagte Bonns Trainer Tuomas Iisalo. Weitere Eckpfeiler des Münchner Sieges und ihrer mannschaftlichen Geschlossenheit: 25 Defensiv-Rebounds und 26 Assists.

Trinchieris Mannschaft spielte diesmal schnell, anders noch als gegen Chemnitz, als sie die Zeit verschleppt hatte und dann doch nicht traf. Sie ließ den Ball zirkulieren, rein in die Zone, wieder heraus, nochmal hinein, wieder heraus. Bonn fand kein Mittel gegen die genauen Pässe - und wirkte selbst unkonzentriert. Wie Center Leon Kratzer, als er Richtung Ende des Spiels zwei Freiwürfe ausführte: Der erste war viel zu kurz und prallte vom Ring zurück, der zweite war noch kürzer und berührte den Ring nicht einmal.

Nach dem vierten Spiel binnen acht Tagen hat Bayern München, der neue Bundesliga-Tabellenführer, eine kurze Pause. Dann geht es im Stakkato weiter. Freitag Euroleague in Vitoria-Gasteiz, Sonntag Bundesliga in Heidelberg, Dienstag Euroleague in Villeurbanne, Freitag in einer Woche Euroleague gegen Alba Berlin. Danach wissen die Bayern auch im internationalen Wettbewerb, wo sie wirklich stehen.

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