Süddeutsche Zeitung

Fußball-Bundesliga:Schiedsrichter Aytekin schimpft über den TV-Experten Gräfe

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Während eines Interviews mit Thomas Müller kritisiert Schiedsrichter Deniz Aytekin im Hintergrund deutlich hörbar den Fernsehexperten des ZDF, Manuel Gräfe. Später entschuldigt sich Aytekin für seine Wortwahl.

Schiedsrichter Deniz Aytekin hat mit einer Schimpftirade nach dem Bundesliga-Spitzenspiel des FC Bayern gegen RB Leipzig Thomas Müller zum Schmunzeln gebracht. Der Nationalspieler gab ein Fernsehinterview, als Aytekin im Hintergrund deutlich hörbar seinem Ärger über eine mediale Anfrage zu einer Szene beim 1:3 der Münchner und über TV-Experte Manuel Gräfe Luft verschaffte. Aytekin stand nicht direkt vor einer Kamera, musste aber damit rechnen, dass seine Worte in der Interviewzone von Mikrofonen eingefangen werden.

"Im Stadion redet kein Mensch vom Schiedsrichter", zürnte Aytekin, 44, am Samstagabend in den Katakomben. Der frühere Referee Gräfe sitze in Berlin "und labert so eine Scheiße, und das geht mir langsam gegen den Strich. Das ist ein Wahnsinn". Müller, der wenige Meter daneben stand, stoppte in seinen Ausführungen vor der Kamera und meinte: "Da hören wir gespannt zu."

Der 49 Jahre alte Gräfe beobachtet die Leistungen der Schiedsrichter als TV-Experte des ZDF. Er solle "wegen einem Zupfer irgendeinen Scheiß erzählen", schimpfte Aytekin nun. "Das hat ja nichts mehr mit Sport zu tun. Das Spiel wurde durch die Spieler entschieden." Anschließend entschuldigte sich Aytekin bei Müller für die Störung von dessen Interview. "Alles gut, ich höre gerne zu", antwortete der 33-jährige Bayern-Profi mit einem Lächeln.

Im ZDF-"Sportstudio" wurde am späten Samstagabend die Szene vor dem zwischenzeitlichen 1:1 der Leipziger thematisiert. Aytekin erklärte, dass er auch trotz eines leichten Zupfens eines Leipzigers am Trikot von Leon Goretzka kein Foul für Bayern pfeifen könne. Dem stimmte Gräfe in seiner endgültigen Analyse, die Aytekin zum Zeitpunkt seines Wutausbruchs noch nicht kennen konnte, auch zu. Das Halten müsse man nicht unbedingt als Foul werten, allerdings kritisierte Gräfe die fehlende einheitliche Linie bei der Beurteilung dieser Situationen.

Schiedsrichter Patrick Ittrich, der beim Spiel in München als vierter Offizieller fungierte, sprang Aytekin am Sonntag zur Seite. Auch Schiedsrichter Felix Brych, der bei der Bundesligapartie in Berlin ein Tor der Hertha nach einem Zupfer nach Intervention des Videoschiedsrichters aberkannte, äußerte sich in der Sendung "Doppelpass" kritisch zu der Kritik des Ex-Kollegen Gräfe. "Der Manu weiß selber, was es bedeutet, so ein Spiel zu pfeifen", sagte Brych und erklärte: "Und dass er jetzt jede Woche da einen von uns rauspickt und den attackiert, das gefällt mir überhaupt nicht."

Aytekin erläuterte am Sonntag, er und sein Team seien froh gewesen, das wichtige Spiel in München ohne größeren Fehler überstanden zu haben. Daher sei er sehr emotional geworden, als er direkt nach dem Abpfiff für ein Interview wegen Gräfes Kritik angefragt worden sei. "Dann bin ich ausgetickt. Für die Wortwahl möchte ich mich in aller Deutlichkeit entschuldigen. Das war völlig drüber. Ich ärgere mich sehr über mich selber und die Wortwahl", sagte Aytekin in der Bild und kündigte eine Spende von 5000 Euro für einen guten Zweck als Buße für seinen Ausraster an.

Gräfe sei zu seiner aktiven Zeit fachlich ein Spitzenschiedsrichter gewesen. Jetzt führe er aber "irgendeinen Krieg gegen den DFB und irgendwelche Verantwortlichen", sagte Aytekin. Dies dürfe nicht zulasten der derzeit aktiven Referees gehen. Gräfe selbst äußerte sich am Sonntag wiederum in mehreren Tweets zu dem Vorfall und sagte unter anderem, dass eine Entschuldigungs-SMS von Aytekin bei ihm angekommen sei.

Manuel Gräfe pfiff 2021 sein letztes Spiel als Schiedsrichter und galt zum Zeitpunkt seines Karriereendes als einer der besten deutschen Unparteiischen. Nach seinem Ausscheiden verklagte er den Deutschen Fußball-Bund DFB wegen Altersdiskriminierung, weil er argumentierte, er hätte nur wegen des Erreichens einer Altersgrenze aufhören müssen. Das Amtsgericht Frankfurt gab ihm recht, ihm wurde eine Entschädigung von fast 50 000 Euro zugesprochen. Seitdem kritisiert Gräfe als TV-Experte aber auch auf seinem Twitter-Kanal die Leistungen der Schiedsrichter und moniert vor allem aus seiner Sicht strukturelle Probleme beim DFB.

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