Süddeutsche Zeitung

Afrika-Cup:Höhepunkt einer langen Reise

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Der deutsche Trainer Gernot Rohr steht mit Nigeria im Halbfinale - und will nun mit der talentierten Mannschaft den größten Erfolg seiner Karriere feiern.

Von Sebastian Fischer, München

Die großen Jubelgesten hat er sich wohl für später aufgehoben. Gernot Rohr nickte und applaudierte, als am Mittwochabend die Kameras in Kairo auf ihn schwenkten, Nigerias Verteidiger William Troost-Ekong hatte gerade, in der 89. Minute, das 2:1 gegen Südafrika geschossen, im Viertelfinale des Afrika-Cups. Es war das Tor zu einem der größten Erfolge in einer rund 30 Jahre langen Trainerkarriere.

Der Mannheimer Rohr, 66, schon als Spieler am erfolgreichsten in Frankreich, war zunächst Nachwuchskoordinator bei Girondins Bordeaux, zwischenzeitlich übernahm er die Profis, 1996 führte er sie in zwei Uefa-Cup-Endspiele gegen den FC Bayern. Dem Sport-Informations-Dienst hat er aus aktuellem Anlass noch mal davon erzählt, er erinnere sich gern daran, sagte Rohr. "Aber ein Sieg hier im Endspiel wäre schon ein Höhepunkt für mich." Davon ist er nun nur noch zwei Siege entfernt.

Flügelstürmer Samuel Chukwueze ist eine der Turnier-Entdeckungen

Der 32. Afrika-Cup, der erste mit 24 statt 16 Mannschaften und der erste im Sommer statt im Winter, ist nicht unbedingt ein Cup der Favoriten. Viele sind bereits im Achtelfinale ausgeschieden: Marokko, Gastgeber Ägypten und Titelverteidiger Kamerun, besiegt von Nigeria mit 3:2. Doch es war eigentlich auch noch nicht so recht das Turnier der sogenannten "Super Eagles" gewesen. Nach der Vorrunde veröffentlichte die nigerianische Zeitung Guardian einen Meinungsbeitrag des früheren Nationalspielers Segun Odegbami, der ernsthaft mit "Gernot Rohrs Todsünde" betitelt war. In der Gruppe hatte Nigeria 0:2 gegen Madagaskar verloren.

Rohr trainiert inzwischen seit mehr als neun Jahren in Afrika, coachte das Team von Gabun, mit dem er das Afrika-Cup-Viertelfinale erreichte, Niger und Burkina Faso. Seit 2016 ist er in Nigeria, er kennt Afrikas Fußball mit all seinen Eigenheiten. Vor der WM 2018, bei der er mit dem jüngsten Team des Turniers in der Vorrunde ausschied, erzählte er der Zeitung Die Welt von der Erwartungshaltung im Land des dreimaligen Afrika-Cup-Siegers: "Der Präsident wünscht sich von uns den WM-Titel." L'Équipe erzählte er schon damals von der harten Arbeit mit Nigerias Medien.

Auch diesmal sind die Hoffnungen groß, trotz nicht untypischer Widerstände: Die Profis mussten sich in einem Prämienstreit mit dem Verband angeblich gegen den recht plumpen Plan der Funktionäre wehren, Geld für die nigerianischen Fußballerinnen bei der WM in Frankreich zu den Männern umzuleiten. Rohr lobte das Verhalten der Spieler. Im Kader stehen namhafte Profis wie Alex Iwobi vom FC Arsenal, aber auch einige jüngere. Die Mannschaft müsse disziplinierter sein, sich defensiv besser organisieren, mehr miteinander sprechen, sagte Rohr vor dem Viertelfinale offenbar recht gelassen.

Gegen Südafrika war Nigeria dann klar besser, Flügelstürmer Samuel Chukwueze vom FC Villareal, 20, eine der Turnier-Entdeckungen, schoss das 1:0, beim Siegtreffer patzte Südafrikas Torwart Ronwen Williams. "Unser großes Abenteuer soll natürlich weitergehen. Meine Mannschaft ist mental stark und sehr diszipliniert. Das hat man in Afrika nicht so oft", sagte Rohr nach seinem ersten Einzug in ein Afrika-Cup-Halbfinale. Und er sprach auch über seine Zukunft: "Meine Reise ist noch nicht zu Ende. Sie soll weitergehen, solange die Gesundheit mitspielt." Sein Vertrag gilt noch bis 2020.

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SZ vom 12.07.2019
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