Süddeutsche Zeitung

Abstiegskampf in der Bundesliga:Peszko übernachtet in der Zelle

Lesezeit: 3 min

Ärger beim 1. FC Köln: Mittelfeldspieler Slawomir Peszko verbringt die Nacht alkoholisiert bei der Polizei, der Verein droht im Abstiegskampf zu zerbröseln. Die Konkurrenz im Tabellenkeller hingegen macht einen sehr stabilen Eindruck. Vor allem der FC Augsburg und der SC Freiburg bleiben sehr unangenehme Gegner.

Thomas Hummel

Die Stadt Köln ist bekannt für ihr lebendiges Nachtleben, für die netten Menschen am Tresen, für das gute Kölsch. Viele junge Leute leben deshalb gerne in Köln, doch im Abstiegskampf des örtlichen Fußballklubs scheint sich diese Geselligkeit zu einem Standortnachteil zu entwickeln.

Zum zweiten Mal in dieser Rückrunde erhielten die Verantwortlichen des 1. FC Köln die Nachricht, dass einer ihrer Profis erheblich alkoholisiert von der Polizei aufgegriffen wurde. Slawomir Peszko landete in der Nacht zum Ostersonntag in der Ausnüchterungszelle im Kölner Stadtteil Kalk.

"Wir können bestätigen, dass Slawomir Peszko vorübergehend in Gewahrsam genommen wurde", sagte FC-Sprecher Tobias Schmidt der Nachrichtenagentur dpa. Schmidt bestätigte zudem übereinstimmende Medienberichte, nach denen der Pole "Alkohol konsumiert" hatte.

Schon im Karneval war Rechtsverteidiger Miso Brecko bei der Polizei gelandet, weil er seinen Wagen unter Alkoholeinfluss auf ein Schienenbett gelenkt hatte. Bei ihm wurden damals knapp 1,7 Promille Alkohol im Blut festgestellt, bei Peszko stehen die Details noch aus. Nach Informationen des Kölner Express soll der Mittelfeldspieler an der Seite eines Bekannten mit einem Taxifahrer gestritten haben. Dieser lieferte seine Fahrgäste bei der Polizei ab, die die beiden die Nacht über in Gewahrsam nahm.

Der Express berichtet, dass Peszko "eine erhebliche Menge" Alkohol intus hatte, ein Polizeisprecher erklärte jedoch: "Nach bisherigen Erkenntnissen liegt keine strafbare Handlung vor."

Für den Klub jedoch ist das Zeichen fatal. Durch die ganz schwache Rückrunde sind die Kölner mit nur acht Punkten in zwölf Spielen bis auf den Relegationsplatz 16 abgerutscht, beim 1:1 gegen desorientierte Bremer am Samstag verlor die Mannschaft wieder einmal wichtige Punkte im Abstiegskampf. Es scheint so, als würde Köln der zweiten Liga entgegen taumeln, das Restprogramm kann nur unablässige Optimisten erfreuen: Auswärtsspiele in Mainz, Gladbach und Freiburg, dazu Heimspiele gegen Stuttgart und den FC Bayern.

Die Kölner müssen sich auch fragen, wen sie eigentlich noch einholen wollen? Die Mannschaften vor ihnen sind zwar punktemäßig in Sichtweite, die meisten machen allerdings ein viel stabileren Eindruck. Zum Beispiel der FC Augsburg.

"Ich bin überzeugt, dass Augsburg drin bleibt. Das hat man schon in den letzten Wochen gesehen", befand Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern. Sein Rekordmeister und Triple-Anwärter hatte beim 2:1-Erfolg erhebliche Mühe mit dem Aufsteiger. Rummenigge wollte dabei "die Handschrift des Trainers" gesehen haben: "Wenn ich Augsburg mit dem Hinspiel vergleiche, dann sehe ich eine totale Aufwärtstendenz."

Der von so hoher Stelle gelobte Jos Lohukay hat seiner Mannschaft in der Tat eine defensiv solide Struktur verpasst, kombiniert mit erheblicher Laufbereitschaft und Schnellangriffen nach Ballgewinn. Behilflich dabei waren erhebliche Verstärkungen in der Winterpause, mit den beiden zuvor eher unbekannten Matthias Ostrzolek links hinten und Ja-Cheol Koo im Mittelfeld.

Augsburg ist seit Wochen sehr schwierig zu spielen, das spürte nach Borussia Dortmund nun auch der FC Bayern. Die Augsburger machten nach dem 1:2 auch nicht den Eindruck, aus München einen Psycho-Knacks mitgenommen zu haben. "Wäre ja jetzt blöd, wenn wir nach einer Niederlage beim Rekordmeister sagen würden: Ja, pff, das wars jetzt, jetzt haben wir keine Chance mehr", erklärte Mittelfeldspieler Axel Bellinghausen, "wir haben in den letzten Wochen viel investiert und viel Selbstvertrauen zurückgeholt."

Ähnliches gilt für den SC Freiburg, der beim 2:2 gegen Nürnberg zum fünften Mal in Folge ungeschlagen blieb. Mit Trainer Christian Streich, der in der Weihnachtspause übernommen hatte, spielte sich der Sportclub in der Rückrundentabelle auf Rang sieben. Auch der FSV Mainz spielt eine ordentliche Rückrunde, selbst der 1. FC Nürnberg wirkt trotz nur eines Punktes aus den vergangenen fünf Partien konkurrenzfähig.

Bleiben als derzeit heißeste Anwärter auf den zweiten Abstiegsplatz neben Kaiserslautern und den Relegationsplatz die drei Großstadt-Klubs aus Hamburg (1:1 gegen Leverkusen), Berlin (0:0 in Gladbach) und Köln. Der Klub am Rhein macht dabei den weitaus prekärsten Eindruck, ein Steinchen nach dem anderen bröselt da aus dem Gebilde heraus. Kein Präsident mehr, kein Sportdirektor mehr, in der vergangenen Woche verbannte Trainer Stale Solbakken die Profis Milivoje Novakovic, Kevin Pezzoni und Petit aus dem Kader, die drei mussten fern der Mannschaft trainieren.

Nun der Fall Peszko. FC-Geschäftsführer Claus Horstmann erklärte dem Kölner Express: "Ich weiß nicht, wann hier der Letzte begreift, um was es geht und wie man sich professionell verhält. Die Aktion von Slawomir Peszko ist inakzeptabel und wird deshalb auch sportliche, arbeitsrechtliche und monetäre Konsequenzen haben." Erst einmal fliegt der Pole aus dem Kader für das Spiel am Dienstag in Mainz. Dafür befördert Trainer Solbakken wieder Pezzoni in die Mannschaft.

Bei all dem ist in Köln eigentlich nur sicher: Die Menschen am Kölner Tresen werden weiterhin nett sein zueinander und das Kölsch wird trotz aller Unruhe beim FC auch nicht schlechter.

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