Süddeutsche Zeitung

Abschied von Heiko Schaffartzik:Zu gut für die Frührente

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Von Matthias Schmid, München

Vor ein paar Tagen hat sich Heiko Schaffartzik telefonisch bei Marko Pesic gemeldet. Der deutsche Basketball-Nationalspieler und der Sportdirektor des FC Bayern München kennen sich schon lange, sie verstehen sich gut, Pesic war einige Jahre sogar der Berater des 31-Jährigen. Doch leicht gefallen ist Schaffartzik der Anruf trotzdem nicht. Er verkündete Pesic, dass er das Münchner Angebot nicht annehmen und den Klub nach zwei Jahren und einer gemeinsamen Meisterschaft wieder verlassen werde.

Es ist keine überraschende Entscheidung, es hatte sich schon seit einigen Wochen angedeutet, dass Schaffartzik sich womöglich "neu orientieren wird", wie er es selbst ausdrückt. Er wäre gerne in München geblieben, sagt einer, der den gebürtigen Berliner näher kennt. Aber letztlich habe er sich nicht mit seiner neuen Rolle anfreunden können. Marko Pesic und sein Vater, der Bayern-Trainer Svetislav Pesic, hatten dem Kapitän der Nationalmannschaft schon früh signalisiert, dass er in der neuen Saison weniger würde spielen dürfen, sie erklärten ihm behutsam, dass sie nun Spieler im Kader hätten, die die Qualität der Mannschaft noch besser anheben könnten als er.

In Alex Renfroe von Alba Berlin haben die Münchner zum Beispiel einen der besten Spielmacher der Bundesliga verpflichtet, zudem soll der erst 20-jährige, hoch veranlagte Vasilije Micic mehr Spielanteile erhalten. Schaffartzik hätte sich die Spiele häufiger von der Bank aus ansehen müssen, weil auch Anton Gavel die anspruchsvolle Position bekleiden kann. Alle drei schätzt Trainer Pesic bei der von ihm propagierten aggressiven Verteidigungsarbeit noch verlässlicher ein.

Schaffartzik fühlt sich aber noch zu stark für die gut bezahlte Frührente. Er will regelmäßig spielen. Der Kapitän der Nationalmannschaft hofft nun, dass er bei der anstehenden Europameisterschaft (5. bis 20. September) in Deutschland und Frankreich vorspielen und sich für einen neuen Klub empfehlen kann. Er ist noch immer ein Profi, der mit seinen wilden Dreiern, mit seinen aberwitzigen Pässen ein Spiel entscheiden kann, so wie 2014 im vierten Finalspiel in Berlin, als er mit vier Würfen von jenseits der 7,25 Meter entfernten Linie den Bayern die erste Meisterschaft nach 59 Jahren bescherte.

Auch deshalb und nicht aus Nächstenliebe hatten ihm die Bayern eine Vertragsverlängerung angeboten. Sie haben ihm keine enge Frist gesetzt. "Er sollte selbst entscheiden, was er künftig machen will", sagt Marko Pesic. Aber dass die Münchner Schaffartzik nicht mehr unbedingt für die großen Ziele brauchten, zeigt auch die Tatsache, dass sie keinen direkten Nachfolger für ihn verpflichten wollen. "Wir werden noch einen Spieler holen, aber nicht unbedingt auf seiner Position", sagt Pesic. Der Abschied aus München fällt Schaffartzik in jedem Fall schwer. "Ich hatte viele unvergessliche Momente", sagt er über den Klub, in dem er Mitglied ist, seit er sieben ist. Seine Eltern hatten dem Bayern-Fan die Mitgliedschaft damals geschenkt.

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Quelle:
SZ vom 20.08.2015
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