SpVgg Unterhaching:Ein Brett mit vier Löchern
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Der Aufsteiger verliert nach dreimaliger Führung gegen Borussia Dortmund II. Dennoch steht das Team mit dem geringsten Etat der dritten Liga kurz vor dem vorzeitigen Klassenverbleib.
Von Stefan Galler
Sebastian Maier ließ sich Zeit, ehe er mit den Reportern sprach. Erst kümmerte sich der Mittelfeldspieler um sein Töchterchen, vermutlich, um etwas Abstand zu diesem wilden Fußballspiel zu bekommen. Als er dann bereit war, merkte man ihm seinen Frust über die 3:4 (1:0)-Niederlage seiner SpVgg Unterhaching gegen die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund deutlich an: "Normalerweise kommen wir über unsere wenigen Gegentore, bisher hatten wir die beste Abwehr der Liga." Gegen einen so guten Gegner wie Dortmund dürfe man nicht so viele Situationen um den Strafraum herum zulassen.
Dreimal war Haching in diesem turbulenten Drittligaspiel vor dank einer Freikartenaktion 8750 Zuschauern in Führung gegangen, dreimal gelang den Dortmundern der Ausgleich, davon zweimal quasi postwendend. Und am Ende standen die Gastgeber mit leeren Händen da, weil Dortmunds Ole Pohlmann zwei Minuten vor Schluss nach zwei verwandelten Elfmetern auch noch einen Freistoß von der rechten Seite auf eine unglaubliche Flugbahn ins hintere Kreuzeck schickte.
So wurde das Wörtchen "bitter" zur Pflichtvokabel in fast allen Hachinger Statements nach dem Spiel. Bei Trainer Marc Unterberger stand sie sogar ganz vorne. Er brachte in der Pressekonferenz seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, was an diesem Nachmittag alles anders gelaufen war als in den Partien zuvor: "Wenn wir führen, ist es normalerweise ein echtes Brett für den Gegner, noch was mitzunehmen", sagte Unterberger und konnte kaum glauben, dass dies den Dortmundern gelungen war: "Obwohl wir in der 76. Minute das 3:2 gemacht haben und danach nicht mal hinten reingedrückt wurden."
Die vergangenen drei Saisons reichten 40 Punkte zum Ligaverbleib, in den beiden Jahren davor nicht
Drei Siege nacheinander hatte Haching zuletzt gefeiert und sein Punktekonto auf 40 aufgestockt - eine Marke, die in den vergangenen drei Spielzeiten jeweils zum Verbleib in Liga drei reichte, in den beiden Jahren davor jedoch nicht. Gegen die BVB-Reserve zu punkten, "wäre ein weiterer Schritt gewesen", sagte Sebastian Maier und warnte, er wolle in den Abstiegskampf "nicht reingeraten und dann Woche für Woche sehen, dass es jetzt noch sieben und dann nur noch fünf Punkte Vorsprung sind". Noch ist das Polster zweistellig und sogar größer als der Rückstand auf den Relegationsplatz drei. Elf Siege und nur acht Niederlagen hat der Aufsteiger mit dem kleinsten Etat der Liga in den ersten 26 Partien verbucht. Eine Zwischenbilanz, die unterstreicht, dass im Sportpark vieles richtig gemacht wird.
Die Mischung im Team stimmt, zahlreiche junge Spieler mit großer Perspektive können sich neben erfahrenen Profis entwickeln. Zu diesen zählen neben Maier, 30, und Manuel Stiefler, 35, auch die kickenden Funktionäre Markus Schwabl, 33, und Josef Welzmüller, 34, sowie dessen Zwillingsbruder Maximilian. Und natürlich Torwart René Vollath, 33, der nebenbei den U17-Weltmeister Konstantin Heide im Training darauf vorbereitet, ihn selbst womöglich schon kommende Saison zu beerben. Im früheren Sechziger Yannick Stark, 33, wurde zuletzt ein weiterer Routinier unter Vertrag genommen.
An der grundsätzlichen Ausrichtung wird auch diese Personalie nichts ändern. Präsident Manfred Schwabl hat längst realisiert, dass es nur mit Jugendspielern geht: "Unser Investor ist unser Nachwuchsleistungszentrum", sagt er immer wieder. Zu diesem Kurs gehört eben auch, bisweilen Lehrgeld zu bezahlen. Wie am Samstag, als sich der defensive Mittelfeldspieler Ben Westermeier für eine grobe Attacke früh die gelbe Karte abholte und dann beim Dortmunder 1:1 nach einem eigenen Leichtsinnsfehler nicht mehr hinlangen konnte - Ayman Azhil nutzte die Chance (54.).
Doch es zählt auch zu den Hachinger Stärken, dass dieser Aufsteiger über viel Selbstvertrauen verfügt. Am Samstag erkennbar daran, dass er immer wieder in Führung ging. Zunächst durch Patrick Hobsch nach Maier-Eckball und Kopfballverlängerung von Mathias Fetsch (38.), später durch Maier, der davor vom 21-jährigen Max Lamby bedient worden war (58.), und schließlich, wieder nach einer Ecke, durch Stiefler (76.). Dass Dortmund nach dem 1:2 und 2:3 jeweils schnell zurückkam, lag an zwei Strafstößen. SpVgg-Trainer Unterberger sparte nicht mit Kritik an Referee Marc Philip Eckermann: "Wenn schon der erste kränkelt, finde ich es unglücklich, auch den zweiten zu blasen", sagte er und legte nach: "Es gibt zu viele Fehlentscheidungen in der dritten Liga für das Niveau, das die Mannschaften abliefern." In der Tat war das Foul vor dem Strafstoß zum 3:3 von Maximilian Welzmüller an Pohlmann außerhalb des Sechzehners.
Dass es im Zuge dieser Szene zu wüsten Rudelbildungen kam und sich vor allem die Unterhachinger nur schwer beruhigen ließen, lag laut Stürmer Fetsch an einem Dortmunder, der "alle durchbeleidigt" habe. "Er bekommt nichts und ich sehe meine fünfte Gelbe." Nicht das Einzige, was an diesem Tag aus Hachinger Sicht schiefgelaufen ist.