Süddeutsche Zeitung

1. FC Köln:Modeste ist weg, aber der Keller hilft

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Der 1. FC Köln muss den kurzfristigen Weggang von Stürmer Anthony Modeste verkraften. Gegen Schalke gewinnt der Klub dann auch wegen zweier strittiger Entscheidungen der Unparteiischen.

Von Philipp Selldorf, Köln

Die schockierende Sondermeldung für die Fans des 1. FC Köln kam zur Frühschoppen-Zeit am Sonntagvormittag: Anthony Modeste stehe vor dem Wechsel zu Borussia Dortmund, meldete Sport 1. Eine Nachricht, die der Klub am Nachmittag bestätigte, indem er mitteilte, man sei sich grundsätzlich mit dem BVB über die Modalitäten einig, Modeste werde dem Kader für die Partie gegen Schalke 04 nicht mehr angehören und am Montag einen Medizincheck absolvieren.

Dies war zwar nicht das Vorspiel, das sich die Kölner für den Saisonstart gegen den Aufsteiger gewünscht hatten. "Dass es heute am Spieltag rauskommt, das ist es, was mich ankotzt", sagte Trainer Steffen Baumgart: "Es hat auch mit Fairplay zu tun, dass man das unter dem Deckel hält und nicht großkotzig daherredet." Aber zugleich ist die Entscheidung, dem Dortmunder Antrag stattzugeben, den Verantwortlichen nicht besonders schwergefallen.

Der FC macht ein gutes Geschäft. Für den 34-jährigen Modeste, dessen Vertrag im nächsten Sommer ausgelaufen wäre, erhält der Verein eine Ablöse von annähernd fünf Millionen Euro und spart außerdem das Gehalt des Mittelstürmers, das bei 3,6 Millionen Euro liegen soll. Doch nicht nur der finanzielle Anreiz sorgte dafür, dass die maßgebenden Leute - inklusive Trainer Steffen Baumgart - einer Meinung waren: Zu oft hatte sich Modeste in jüngster Zeit selbst inszeniert, die Zweifel an seiner Teamfähigkeit nahmen zu.

Ein sportlicher Verlust entsteht den Kölnern natürlich trotzdem durch den Weggang des Angreifers, der durch seine extreme Kopfballstärke das Ziel des Kölner Flankenspiels war. Und selbstredend haben die Gäste aus Gelsenkirchen die Nachricht nicht ungern vernommen, womöglich haben sie ihren schwarz-gelben Stiefbrüdern sogar heimlich ein Dankeschön gewidmet. Aber Modeste, sein junger Stellvertreter Florian Dietz und die übrige Kölner Aufstellung waren für die Schalker bald kein Thema mehr. Ihr schwierigster Gegner hieß Robert Schröder und trug das schwarze Kleid des Schiedsrichters. Dass die Kölner die Begegnung 3:1 (0:0) gewannen, das hatte nicht unerheblich mit Schröders Sichtweise auf zwei Schlüsselszenen zu tun.

Den Schalkern kommt der Kölner Keller erheblich zu kölsch vor

Der Spielleiter spielte Schicksal während der ersten Halbzeit, indem er in Zusammenarbeit mit dem Fernsehgericht zuerst Rodrigo Zalazars 1:0 wegen einer passiven Abseitsstellung seines Mitspielers Maya Yoshida zurücknahm (13.) und später Dominik Drexler wegen eines als Tätlichkeit gewerteten Fouls an Jonas Hector vom Platz stellte (35.). Den Schalkern kam der Kölner Keller erheblich zu kölsch vor nach diesen Urteilen, und tatsächlich hätten beide Entscheidungen auch anders ausfallen können, Spielraum hätte es gegeben. In Anbetracht der spitzfindigen Interpretationen stellte sich die Frage, ob das Spiel überhaupt am Sonntag in Köln oder demnächst vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden würde. "Wir sind benachteiligt worden", klagte Schalke-Sportdirektor Rouven Schröder bei Dazn.

Bis zum Platzverweis hatte die neuformierte Schalker Elf, in der noch vier Spieler aus dem Aufsteigerteam standen, gegen den offensiv aktiveren FC ordentlich mitgespielt. Mit dem Platzverweis aber waren die Rollen auf dem Platz klar verteilt. Die Kölner nutzten ihre Tempo- und Kraftvorteile und setzten Schalke unter Druck. Der Versuch, sich mittels Igel-Taktik ins Ziel zu retten, war bereits vier Minuten nach dem Wiederanpfiff gescheitert. Verteidiger Luca Kilian rutschte in einen Pass von Hector und erzielte das 1:0.

Vor dem 2:0 durch Florian Kaintz war wieder mal der Videobeweis fällig, diesmal gab es keine Schalker Beschwerden: Torwart Schwolow hatte sich selbst in Schwierigkeiten gebracht, bevor er den Ball aus den Händen verlor (62.), und um das Unglück komplett zu machen, lenkte er später auch noch einen am Pfosten gelandeten Kopfball des starken Dejan Ljubicic zum 1:3 ins eigene Tor (80.). Marius Bülter hatte mit dem 1:2 für die oft überforderten, aber zumindest tapferen Schalker noch mal einen Anschein von Spannung erzeugt. Die Schalker vermissten den angeschlagen auf der Bank sitzenden Simon Terodde zweifellos mehr als die Kölner ihren abtrünnigen Helden Modeste.

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