Süddeutsche Zeitung

Bochum gegen Köln:Frohsinn nur für Zahlentüftler

Lesezeit: 2 min

Das 1:1 am elften Elften sieht Kölns Trainer Steffen Baumgart als kleinen Fortschritt, der seine Laune allerdings kaum bessert - auch wenn der Verein ihm Rückhalt gibt. Für Gastgeber Bochum ist das Remis eigentlich zu wenig.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Der Kölner Trainer Steffen Baumgart war am Samstagabend nicht zu Smalltalk aufgelegt. Schon gar nicht über den Karneval und das Feiern. Als die Pressekonferenz nach dem 1:1 des 1. FC Köln beim VfL Bochum beendet war, versuchte der Bochumer Trainer Thomas Letsch zwar eine zwanglose Konversation zu eröffnen mit der beiläufigen Frage: "Und, geht Ihr noch in die Stadt?" Allerdings antwortete Baumgart recht prägnant: "Ich bestimmt nicht!" - und beließ es auch dabei. Sollte bloß niemand denken, ihm könnte nach der zehnten sieglosen Partie am elften Spieltag als Tabellenletzter auch nur irgendwie nach Ausgelassenheit zumute sein.

Für karnevalistisch interessierte Zahlentüftler und Zeichendeuter bedeutete das Eins-Eins vom elften Spieltag am Abend des elften Elften in einem Spiel elf gegen elf womöglich eine seltene Konstellation, allerdings war dies den fußballerischen Repräsentanten der bedeutendsten Karnevalshochburg beim Gastspiel im Ruhrgebiet nicht dienlich. "Ihr seid nur ein Karnevalsverein!", hatten die Bochumer Fans vor dem Anpfiff zur Begrüßung noch spitzzüngig vorgetragen, bevor auf dem Rasen der Bochumer Karnevalsprinz Jean-Pascal I. erschien, um mitzuteilen, dass der karnevalistische Gruß in seiner Stadt laute: "Bochum - man tau!"

Das bedeutet so viel wie: Bochum, mal los!, und ungefähr so treten die VfL-Fußballer in ihrer Trutzburg namens Ruhrstadion ja auch gerne auf. Nachdem Lukas Daschner in der 25. Minute das 1:0 erzielt hatte, mussten sie allerdings in der 54. Minute den Ausgleich durch Davie Selke hinnehmen und schafften es auch nicht, mit gefühlten 111 Torschüssen (tatsächlich waren es im Spielverlauf exakt 25) doch noch den eigentlich verdienten Sieg zu erwirken. "Das waren heute zwei verlorene Punkte", sagte der Bochumer Trainer Letsch hinterher. "Das war für uns heute ein kleiner Teilerfolg", sagte der Kölner Trainer Baumgart. "Das war heute nix!", sagte ein bisschen schroff der Kölner Sportgeschäftsführer Christian Keller.

Aus dem Kölner Block kommt kaum Gesang - nach einem Polizeieinsatz vor Spielbeginn fuhren viele Ultras offenbar wieder heim

Wer an diesbezüglichen Indizien interessiert ist, mochte aus Kellers Abreibung eine subtile Kritik am Trainer Baumgart heraushören, aber verbürgt ist das nicht. Zumal der Vorstand des 1. FC Köln am Donnerstag noch einen besänftigenden Brief an die etwa 132 500 Vereinsmitglieder verschickt hatte, in welchem er die sportliche Situation zwar "unterhalb aller Erwartungen und auch unterhalb der Möglichkeiten" einordnete, in dem er allerdings betonte, dass man Ruhe bewahren und den eingeschlagenen Weg weitergehen wolle. Sowohl dem Trainer Baumgart als auch dem Sportchef Keller wurde das Vertrauen ausgesprochen, und die Fans wurden explizit aufgefordert: "Geben wir der Mannschaft Überzeugung und Unterstützung, um sie zu stärken und das freizusetzen, was in ihr steckt."

Allerdings hat just dies am Samstagabend in Bochum dann nicht so gut geklappt, denn die sogenannten Ultras, die auch bei Auswärtsspielen für die komplette Stimmung im Kölner Block sorgen, waren im Bochumer Ruhrstadion gar nicht zugegen. Aus dem Kölner Gästeblock kam kaum Gesang, es blieb dort das ganze Spiel über ziemlich ruhig, weil vor dem Spiel am Gästeeingang offenbar aufbrausende Kölner Ultras mit dem Bochumer Ordnungsdienst und der Polizei aneinandergeraten waren. Als man ihnen den Zugang zum Stadion deshalb zunächst verwehrte, entschieden sich die Ultras dem Vernehmen nach dazu, direkt wieder heimzufahren. Unter Polizeischutz wurden ein paar Hundert Fans zurück zu ihren Bussen gebracht.

Während enttäuschte Bochumer Fußballer erfahren mussten, dass ihr Verein nie zuvor in den ersten fünf Heimspielen einer Bundesligasaison sieglos geblieben war, hat der 1. FC Köln nun 19 Bundesligaspiele nacheinander immer mindestens ein Gegentor zugelassen. Dies kommt gewiss auf die Agenda für die nächsten elf Trainingstage in der Länderspielpause. Anschließend können sie dann zeigen, ob es etwas genützt hat - am Freitagabend gegen den FC Bayern.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6302194
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.