Süddeutsche Zeitung

Reiseziel für 2020: Schwarzwald:Zum Kuckuck

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Tipp für einen Urlaub ohne Flug: Im Schwarzwald unterwegs mit dem Gäste-E-Auto.

Von Steve Przybilla

Das Rothaus-Bier steht im Kühlschrank, die regionale Marmelade auf dem Küchentisch: Wer im Hochschwarzwald in ein "Kuckucksnest" eincheckt, soll sich sofort wie zu Hause fühlen. Kuckucksnester sind ehemals heruntergekommene Ferienwohnungen, die der Tourismusverband gepachtet und aufwendig renoviert hat. Nicht nur die Begrüßungsgeschenke stammen aus der Region, sondern auch das Interieur. Ob Bett, Bad oder Parkett: Die meisten Möbel kommen aus dem Schwarzwald oder wurden von Firmen installiert, die dort ansässig sind.

Nachhaltig sind die Kuckucksnester vor allem aus wirtschaftlicher Perspektive. Es handelt sich um Unterkünfte, in die niemand mehr investieren wollte. Nun tritt die Hochschwarzwald Tourismus GmbH selbst als Vermieter auf. Seit 2014 hat sie 21 Kuckucksnester eröffnet: moderne Küchen, kostenloses Wlan, Holz und Kunstwerke an den Wänden. Zwischen 20 000 und 30 000 Euro investiert der Verband pro Wohnung. Die Eigentümer müssen sich um nichts kümmern, sie erhalten einen Anteil der Miete.

Das Konzept scheint aufzugehen - obwohl eine Übernachtung im Schnitt 115 Euro kostet. Der Deutsche Tourismusverband adelte die Idee 2015 mit dem Deutschen Tourismuspreis. Passend zur Marke eröffnete im Dezember 2019 am Titisee die erste "Kuckucksstube", ein Franchise-Restaurant, in dem Spätzle, Schäufele und "Feldberger Burger" auf der Karte stehen. "Wir machen halbe Sachen", lautet das Motto, was bedeutet, dass die Gerichte auch als kleine Portion erhältlich sind und so im Idealfall weniger weggeworfen wird.

Für Ausflüge in die Natur hat sich die "Konus-Gästekarte" bewährt. Mit dieser können Urlauber die Busse und Bahnen der Region kostenlos nutzen. Parallel dazu wächst seit einigen Jahren ein Carsharing-Angebot. Bis zu drei Stunden am Tag können Gäste kostenlos ein Elektroauto mieten: Führerschein im Kurhaus vorzeigen, Vertrag unterschreiben, los geht's. Die zwölf Ladesäulen, die der Tourismusverband aufgestellt hat, werden mit Ökostrom betrieben.

Im Praxistest zeigt sich Verbesserungsbedarf. Der BMW i3, der in Titisee am Bahnhof steht, ist innen wie außen verschmutzt; das Scheibenwischwasser fehlt. Auch hat das E-Auto an manchen Stationen "Ladehemmungen". Anderswo ist ebenfalls noch Luft nach oben. Warum etwa setzen die Kuckucksstuben nur auf regionale, nicht aber auf Bioprodukte? Und schon heute ist das Parkhaus auf dem Feldberg oft hoffnungslos überfüllt, obwohl ein Bus bis zum Gipfel fährt.

Thorsten Rudolph, Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus GmbH, ist trotzdem von dem Konzept überzeugt. "An manche Orte kommt man eben nur schwer mit dem Bus", sagt Rudolph. In solchen Fällen sei das elektrische Carsharing eine sinnvolle Ergänzung. ( kuckucksnester.de, hochschwarzwald.de/carsharing)

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Quelle:
SZ vom 16.01.2020
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