Süddeutsche Zeitung

Reisebuch "Palma":Die neuen Eroberer

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Palma de Mallorca war einst geprägt von Fehden und Kriegen. Heute ist die Stadt eine der vitalsten und sehenswertesten Spaniens. Das zeigt Fotograf Stefan Loiperdinger in seinem neuen Bildband.

Rezension von Stefan Fischer

Es sind nicht erst die Touristen gewesen, die Mallorca und seine Hauptstadt Palma regelrecht überfallen und erobert haben. Die Geschichte dieser Stadt, das macht Stefan Loiperdinger gleich zu Beginn seines bildstarken Buches "Palma" deutlich, ist geprägt von Fehden und Kriegen, Belagerungen und Angriffen. Das lässt sich auch in der Gegenwart noch vielfach ablesen an der Architektur.

Die nachhaltigste Prägung durch solch eine Eroberung sei aber doch die letzte und einzige nicht kriegerische, die touristische nämlich, urteilt Loiperdinger - und belegt seine Einschätzung durch seine Aufnahmen und Erläuterungen. Der Fotograf, Grafik-Designer und Autor lebt teilweise auf Mallorca. Er hat bereits ein Buch über die Insel veröffentlicht, zudem verlegt er die Zeitschrift "Mallorcas schönste Seiten". Nun folgt ein Bildband über die Hauptstadt.

Loiperdinger beginnt seine Streifzüge auf dem Passeo del Borne, einer der zentralen Flanier- und vor allem Einkaufsstraßen, wo sich die Einflüsse des Tourismus deutlich zeigen. "Auch wenn sich noch ein paar alteingesessene Geschäfte halten, so ziehen heute vor allem die Flagshipstores globaler Modelabel eine internationale und kaufkräftige Klientel an", so Loiperdinger. Eine Entwicklung, die er nicht per se kritisiert. Weil sie verbunden sei mit Investitionen in die Bausubstanz und der Insel helfen, dem Partytourismus etwas entgegenzusetzen.

Die Kunstgalerien profitieren von einem qualitativ hochwertigen Tourismus

Den Fotografien sieht man an, dass es vielfach gelingt, die Geschäfte für Luxuswaren und die Boutique-Hotels dezent in die historische Architektur hineinzubauen - es gibt keine großen Reklameflächen, keine Verbrämung der Fassaden. Vielmehr machen sich diese Betriebe die Noblesse der Bauwerke zunutze für ihre eigenen Zwecke.

Ein großes Kapitel ist der Galerieszene Palmas gewidmet, eine der relevantesten in Spanien. Sie sei, sagt Frederic Pinya, der in zweiter Generation die Galerie Pelaires führt, nicht denkbar "ohne einen qualitativ hochwertigen Tourismus". Zugleich sei die Kunstszene wiederum eine Voraussetzung für diesen Tourismus. Die gewünschten Gäste kämen nur, wenn sie ihnen entsprechende Hotels, Restaurants und Geschäfte vorfänden.

Das Buch zeigt die Schauseiten der Stadt: die sakrale Architektur, die Bauten der Monarchie, die Stadtpaläste des reichen Bürgertums. Auch in den einfacheren Vierteln sucht Loiperdinger das Besondere, das ästhetisch Ansprechende. Selbst in einem Quartier wie Sa Gerreria, das nicht herausgeputzt ist, mit seinen einfachen Kneipen, seinen Tattoo-Läden, den Graffitis an den Fassaden und traditionellen Geschäften, die nicht in erster Linie auf eine internationale Kundschaft zielen.

Und ganz zum Schluss kehrt er Palma den Rücken zu, wendet den Blick hinaus aufs Meer, auf die Häfen, auf eine gegenwärtige Architektur, die nicht mehr den Zweck hat, die Stadt zu beschützen vor Eindringlingen. Sondern den Übergang vom Wasser zum Festland gestaltet. Für Stefan Loiperdinger ist Palma der eigentliche Grund, Mallorca zu besuchen.

Stefan Loiperdinger: Palma. Verlag Travel Publishing, Grünwald 2021. 320 Seiten, 78 Euro.

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