Süddeutsche Zeitung

Balearen:Der Weg nach Mallorca ist frei

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Die Insel gehört ab Sonntag nicht mehr zu den Risikogebieten. Das hat dort alles verändert: Lethargie und Anspannung sind heller Aufregung gewichen. Deutsche Veranstalter rüsten sich für einen Last-Minute-Ansturm in den Osterferien.

Von Brigitte Kramer, Mallorca

Den Freitagvormittag haben die Balearen unter Anspannung verbracht. Alle Blicke richteten sich nach Berlin: Wird das Auswärtige Amt die Inselgruppe auf Empfehlung des Robert-Koch-Instituts von der Liste der Risikogebiete nehmen? Bei einer Sieben-Tages-Indizidenz von durchschnittlich 22 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern auf den Balearen- Inseln Mallorca, Menorca, Ibiza, Formentera und war das zu erwarten. Schließlich kam um 12.30 die Nachricht: Einige Regionen Spaniens, darunter die Balearen, stehen nicht mehr auf der Liste. Das heißt : Es geht wieder los, deutsche Gäste dürfen kommen, wenn sie bei der Einreise ein negatives PCR-Testergebnis vorweisen. Das galt auch vorher schon. Was sich ändert: Bei der Rückkehr nach Deutschland fallen Test und Quarantänepflicht weg.

"Die Kaufkraft der Deutschen ist hoch und sie schätzen unsere Insel"

"Wir hoffen auf die Reisefreude der Deutschen", sagte dazu die Regionalpräsidentin der Balearen, Francina Armengol. Im Rahmen der digital stattfindenden Internationalen Tourismusbörse stand sie dabei mit im Wind wehendem Haar in der Bucht von Palma und ergänzte: "Ihre Kaufkraft ist hoch und wir wissen, wie sehr sie unsere Insel schätzen."

Die Entscheidung des Robert Koch-Instituts bedeutet den ersten Schritt aus monatelanger Lethargie. Bei vielen der rund 200 000 Tourismus-Angestellten auf den Balearen wird in diesen Tagen das Telefon klingeln. Hoteliers rekrutieren Personal, Restaurantbesitzer füllen die Kühltruhen, stellen Menüs zusammen. Die morgendliche Spannung ist gewichen. Emsigkeit hat sich breit gemacht. Die Mitglieder der Vereinigung "Palma Beach", zu der sich vor einigen Jahren die Erneuerer der Playa de Palma zusammengeschlossen haben, wollen Anfang April die ersten 15 Hotels öffnen. Sprecher Juan Miquel Ferrer nannte die Entscheidung in Berlin gegenüber der Mallorca Zeitung "die beste Nachricht überhaupt" und nutzte die Gelegenheit, um zu sagen: "Partytouristen sind nicht willkommen". Auch die ersten Strandbuden sollen demnächst öffnen, der Strand von Palma wird bereits regelmäßig gereinigt.

Die deutschen Reiseveranstalter stehen in den Startlöchern. "Den Osterferien auf Mallorca steht nun nichts mehr im Wege" sagt Marek Andryszak, Vorsitzender der Geschäftsführung von Tui Deutschland. Man erwarte viele Last-Minute-Buchungen für Ostern. Ab dem 21. März biete man Flugverbindungen von Frankfurt, Düsseldorf und Hannover nach Palma an, Hotels würden geöffnet. Der Veranstalter FTI bietet für schnellentschlossene Bucher bis 15. März Rabatte an, Alltours will seine Hotels auf Mallorca ab 17. März öffnen und DER Touristik, Jahn Reisen und ITS zahlt den Kunden sogar die Kosten für den obligatorischen Coronatest. Die Aufhebung der Reisewarnung für die Balearen sei "überfällig" gewesen, schrieb der Deutsche Reiseverband (DRV) in einer Aussendung. "Es ist die logische Konsequenz aus den deutlich gesunkenen Inzidenzen", sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig. Neben den Balearen wurden auch andere Regionen Spaniens und weite Teile Portugals von der Liste der Risikogebiete gestrichen. "Das ermöglicht an Ostern wieder Reisen in verschiedene Regionen Spaniens und Portugals", so Fiebig.

"Weg vom Inzidenzen-Barometer", fordert ein Hotelmanager

Auf Mallorca wird die spanische Iberostar-Kette spontan drei von insgesamt 15 Häusern auf Mallorca öffnen, obwohl noch nicht klar ist, "wie der deutsche Markt auf die Nachricht überhaupt reagiert", so Vertriebsleiter Finn Ackermann. Er hofft, keine Verluste zu machen. "Das fordert jetzt von uns allen maximale Flexibilität". Tausend Zimmer müssen gelüftet, 3 000 Betten gemacht und unzählige Gläser, Gabeln und Messer poliert werden. Sieben bis zehn Tage seien nötig, so Ackermann, um ein über den Winter eingemottetes Hotels zu öffnen. Logistisch bedeutet die Situation eine nie gesehene Herausforderung, denn die meisten Saisonarbeiter leben auf dem spanischen Festland und müssen erst in den Flieger steigen. Ackermann und die ganze Branche hoffen deshalb, dass Europa die Vorgaben für sicheres Reisen grundsätzlich neu regelt: Weg vom Inzidenzen-Barometer, hin zu Impfpässen und sicheren Reisekorridoren. "Wir brauchen Planungssicherheit", sagt er.

Die Aufregung zeigt wieder einmal die enorme Abhängigkeit der Balearen vom internationalen Tourismus. Spanier dürfen über Ostern ihre Region nicht verlassen. Damit soll ein Hochschnellen der Ansteckungskurve wie nach Weihnachten vermieden werden. Diese Entscheidung der spanischen Regierung hat auf den Balearen aber kaum Wellen geschlagen: Die Spanier bringen den Inseln ohnehin wenig Geld, in der Vorsaison und in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit sowieso.

Vergessen sind nun die letzten Wochen und die strengen Restriktionen. Wirte und Geschäftsleute hatten mehrmals dagegen demonstriert, "SOS Tourismus"-Schilder hingen an Hotelfassaden und geschlossenen Cafés. Doch es hat sich gelohnt. Dank der extrem niedrigen Ansteckungsrate kann es jetzt wieder losgehen. Einkaufszentren und Kaufhäuser dürfen wieder öffnen, Restaurants und Cafés können ab 15 März auch in Innenräumen bis 17 Uhr Gäste bewirten. Die generelle Sperrstunde gilt weiterhin bis 22 Uhr. Diskos und Nachtlokale bleiben vorerst zu - auch das ein Signal an die Partytouristen.

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