Süddeutsche Zeitung

Einmal im Leben:Namibias Geisterstadt erkunden

Kolmannskuppe in Namibia galt einst als reichste Stadt Afrikas. Heute findet man dort keine Diamanten mehr, aber die Erinnerung wird wachgehalten.

Von Dominik Prantl, Kolmanskuppe

Zeitreise, das geht an diesem Ort gar nicht anders, ins Jahr 1908: Namibia war noch die Kolonie Deutsch-Südwestafrika, der Bau der Eisenbahn führte durch die Wüste Namib - wo der Reichtum wortwörtlich am Boden lag. Die Geschichtsschreibung überliefert uns jedenfalls den Satz des Bahnarbeiters Zacharias Lewala, der einen Fund im Sand an seinen Vorgesetzten August Stauch aus Thüringen mit dem Satz weiterreichte: "Sieh mal, Mister, schöner Stein." Es war ein Diamant.

Der Stein löste ein kurzes, heftiges Diamantenfieber unweit der Küste aus. Ganze Siedlungen zur Diamantenförderung entstanden in einer der trockensten Regionen der Welt, darunter Kolmannskuppe. Sie ist die noch am besten erhaltene und am einfachsten zugängliche von mehreren Geisterstädten, das Zentrum ein schmuckloser Bau mit Kegelbahn, Turnhalle, Restaurant, davor die weißen Pick-ups der Touristen mit ihren Dachzelten. Restauriert wurden unter anderem Eisfabrik, Schlachterei, das Haus des Minenverwalters. Im Gedächtnis bleiben die Anekdoten von der einst reichsten Stadt Afrikas, wo Schampus kaum teurer war als Wasser und ein Röntgengerät weniger medizinischen Zwecken diente als der Verhinderung des Diamantenschmuggels.

In anderen, verfallenden Häusern steht der Sand teils meterhoch, Rohre verlaufen korrodierend durch die Wüste, in einer Badewanne wachsen Sukkulenten. In den hintersten Gebäuden sollen einige der seltenen Braunen Hyänen herumlungern. Mit einer speziellen Lizenz kann man sogar noch weiter hineinfahren in den auch unter dem Namen Sperrgebiet bekannten Tsau-ǁKhaeb-Nationalpark und zu anderen entvölkerten Orten wie Pomona und Elisabethbucht. Diamanten liegen dort keine mehr herum. Der wahre Schatz ist die Erinnerung.

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