Schallplatten feiern seit Jahren ein Revival. Sie hören sich nicht nur gut an, sondern sind eben auch sichtbar. Über Vinyl als Einrichtungsgegenstand, Lebenseinstellung – und Hochgenuss.
Das „Lennons“ in Bangkok ist eine schicke Bar, die hochpreisige Drinks serviert und dazu Musik von Schallplatten spielt. Die Platten begrüßen einen schon bei der Ankunft im Edelholzregal: The Doors, Men at Work, die japanische Pressung eines frühen Albums von Juliette Gréco, die Sängerin herausgeblitzt aus tiefdunklem Raum – und aus der Zeit. Hinter dem einen Tresen werden aufwendige Drinks mit Namen wie Donna Summer und Frank Sinatra gemixt. Und auf dem zweiten Tresen thront ein Plattenspieler, der aussieht wie ein Teilchenbeschleuniger in Miniaturausgabe. Ein Mann, der wahrscheinlich über das Nervenkostüm eines Bombenentschärfers verfügt, darf ihn bedienen. Sogenannte Listening Bars wurden in Tokio bekannt, als man sich nach dem Krieg die teuren Jazz-Platten aus dem US-Import nicht leisten konnte und stattdessen in die Bars ging und dort etwas mehr für seinen Whiskey bezahlte und dabei Musik hörte. In Zeiten von Streaming und Gratis-Musik kein Problem mehr, doch die Bars sind geblieben und haben sich verbreitet, es gibt sie auch in Berlin („Rhinoçéros“) oder Paris („Jean Louis La Nuit“). Sie bieten ja auch nicht nur Musik, sondern ein gesamtästhetisches Erlebnis: das Auflegen der Vinylscheibe, das behutsame Senken der Nadel, der Wohlklang, die Konzentration auf ein ganzes Album und zwischen den Liedern nicht etwa Knistern, sondern das Rauschen der Gefühle. Als Zuhörer fühlt man sich persönlich angesprochen, sonst dudelt ja häufig nur eine Playlist vor sich hin, damit Geräusche sind, wenn man nichts zu reden hat. Moderne Listening Bars sind weniger Treffpunkt als Andachtsort.
Vinyl-Boom
Die schönste Drehung
Foto: Shutterstock
Foto: Shutterstock
Schallplatten feiern seit Jahren ein Revival. Sie hören sich nicht nur gut an, sondern sind eben auch sichtbar. Über Vinyl als Einrichtungsgegenstand, Lebenseinstellung – und Hochgenuss.
Foto: Shutterstock
Foto: Shutterstock
Die Musikbars
Das „Lennons“ in Bangkok ist eine schicke Bar, die hochpreisige Drinks serviert und dazu Musik von Schallplatten spielt. Die Platten begrüßen einen schon bei der Ankunft im Edelholzregal: The Doors, Men at Work, die japanische Pressung eines frühen Albums von Juliette Gréco, die Sängerin herausgeblitzt aus tiefdunklem Raum – und aus der Zeit. Hinter dem einen Tresen werden aufwendige Drinks mit Namen wie Donna Summer und Frank Sinatra gemixt. Und auf dem zweiten Tresen thront ein Plattenspieler, der aussieht wie ein Teilchenbeschleuniger in Miniaturausgabe. Ein Mann, der wahrscheinlich über das Nervenkostüm eines Bombenentschärfers verfügt, darf ihn bedienen. Sogenannte Listening Bars wurden in Tokio bekannt, als man sich nach dem Krieg die teuren Jazz-Platten aus dem US-Import nicht leisten konnte und stattdessen in die Bars ging und dort etwas mehr für seinen Whiskey bezahlte und dabei Musik hörte. In Zeiten von Streaming und Gratis-Musik kein Problem mehr, doch die Bars sind geblieben und haben sich verbreitet, es gibt sie auch in Berlin („Rhinoçéros“) oder Paris („Jean Louis La Nuit“). Sie bieten ja auch nicht nur Musik, sondern ein gesamtästhetisches Erlebnis: das Auflegen der Vinylscheibe, das behutsame Senken der Nadel, der Wohlklang, die Konzentration auf ein ganzes Album und zwischen den Liedern nicht etwa Knistern, sondern das Rauschen der Gefühle. Als Zuhörer fühlt man sich persönlich angesprochen, sonst dudelt ja häufig nur eine Playlist vor sich hin, damit Geräusche sind, wenn man nichts zu reden hat. Moderne Listening Bars sind weniger Treffpunkt als Andachtsort.