Weltraumtourismus

Opa im All

Mit dem Transport des greisen Schauspielers William Shatner ist Jeff Bezos ein PR-Coup gelungen. Die Reise in Bildern, nachhaltig kommentiert.

Von Martin Zips
13. Oktober 2021 - 4 Min. Lesezeit

Der Captain-Kirk-Darsteller im Kreise seiner Weltraum-Crew. Mit William Shatner ist dem Unternehmer Jeff Bezos ein besonderer PR-Coup gelungen. Hielten viele Beobachter den privaten Weltraumtourismus des Amazon-Gründers, sowie ähnliche Projekte der Milliardäre Richard Branson und Elon Musk, zunächst für blanken Egoismus auf Kosten der Umwelt, so hat die Mitnahme eines 90-jährigen Schauspielers als ältesten Menschen im All ja schon fast etwas Rührendes.

Kurz vor dem Einchecken in die Kapsel hatte Shatner noch so eine Art Einkaufszettel in die Kameras gehalten. Darauf stand, dass so ein Ausflug, wie er ihn nun machen will, eine gute Sache sei und dabei helfen könnte, den Planeten Erde zu retten. Wenn ein 90-Jähriger das mit einem Filzstift auf ein Stück Papier schreibt, dann wird das schon stimmen. Also, auf geht’s!

„Unendliche Weiten“: Jahrzehnte seines Lebens hatte sich der kanadische Darsteller, der auch Vater von drei Töchtern ist, bereits mit „fremden Galaxien“ befasst. Allerdings gab es die für ihn anfangs nur innerhalb der Pappkulissen jener Studios, in denen ab 1966 die überaus fantasievolle Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ gedreht wurde. Auch die Waffen, die William Shatner benutzte, waren äußerst originell.

Das Konzept von „Raumschiff Enterprise“ unterschied sich von Vorgängern wie „Flash Gordon“, „Buck Rogers“ oder dem deutschen Ableger „Raumpatrouille Orion“ gleich in mehrerlei Hinsicht: Die Serie war in Farbe gedreht; die Raumschiffe hingen nicht mehr sichtbar an Perlonschnüren herum und Wesen von anderen Planeten waren (trotz hässlicher Masken) nicht grundsätzlich böse, sondern manchmal sogar richtig nett. Und vor allem das war die Botschaft: Der hellhäutige amerikanische Durchschnittsmann kann im Team auch gut mit Frauen, Asiaten, Schwarzen und Langohrvulkaniern zusammenarbeiten. Denn: Sitzen wir nicht alle im gleichen Boot?

Seinen ersten Flug in der Blue-Origin-Kapsel von Jeff Bezos unternahm William Shatner mit drei weiteren Personen: Dem Nasa-Ingenieur Chris Boshuizen, dem Unternehmer Glen de Vries und der stellvertretenden Chefin von Blue Origin, Audrey Powers. Es ist der zweite bemannte Flug mit der Kapsel New Shepard. Beim ersten im Juli war Bezos selbst mit an Bord, zusammen mit seinem Bruder Mark, einer 82 Jahre alten früheren US-Pilotin und einem 18-jährigen Niederländer.

Klar: Wer als Fernseh-Astronaut drei Staffeln „Raumschiff Enterprise“ auf dem Buckel hat und sieben „Star Trek“-Kinofilme, wer als Kind bereits Tom Sawyer gespielt und später Wirtschaftswissenschaften studiert hat, wer auch mit Science-Fiction-Büchern, Sprechgesang und TV-Shows seit Jahrzehnten erfolgreich ist, der wird doch noch drei Minuten Schwerelosigkeit aushalten können. Selbst, wenn er 90 Jahre alt ist. Jeff Bezos war davon überzeugt und empfing die Crew natürlich direkt nach der Landung.

Und so ging es gegen 16.30 Uhr MEZ tatsächlich los. In den 1970er-Jahren, als der heute vierfach geschiedene Captain-Kirk-Darsteller noch finanzielle Probleme hatte, lebte er eine Zeit lang in einem Auto. Insofern dürfte ihm die Enge in der Kapsel überhaupt nichts ausgemacht haben.

Irgendwann vernahm die Welt sowieso nur noch das Rauschen der Triebwerke. Jeder Klimaschützer, der jetzt den CO₂-Ausstoß pro Weltraumtourist mit dem Hundertfachen eines Linienflugs von Zürich nach New York verglichen hätte, er wäre einfach nicht mehr gehört worden.

Was will man auch sagen, gegen einen rüstigen, 90 Jahre alten Raumfahrttouristen, der auf der Erde angeblich mehr als ein Dutzend Wohltätigkeitsorganisationen unterstützt und auch was gegen dressierte Delfine in Freizeitparks hat? So ein Flug sei schon immer ein Kindheitstraum von ihm gewesen, meinte William Shatner noch kurz vor seinem Abflug. Jeff Bezos hat mit ihm also offenbar alles richtig gemacht. Anders als der mitreisende Nasa-Ingenieur und der Unternehmer habe William Shatner übrigens nichts für sein Ticket bezahlt, berichtete die New York Times. Könnte freilich sein, dass Jeff Bezos Herrn Shatner was bezahlt hat.

Und so landete Captain Kirk nur etwa zehn Minuten nach seiner Reise in 100 Kilometer Höhe wieder in der texanischen Wüste. Wie sicher ihn die Fallschirme der (natürlich wieder vermietbaren) Kapsel zurück auf die Erde brachten! Die Höhe von 100 Kilometern gilt übrigens manchen als Grenze zwischen Erde und Weltraum. Aber dafür gibt es keine internationale Regelung. Jedenfalls hat Captain Kirk seinen kleinen Ausflug sichtlich genossen. "Ich bin überwältigt“, sagte er nach der Landung unter Tränen. Und wie nachhaltig dieser Kurztripp eines Pensionärs für die Menschheit und die Zukunft der Erde am Ende tatsächlich ist, das sollen ruhig andere entscheiden.

Weltraumtourismus

Opa im All

Mit dem Transport des greisen Schauspielers William Shatner ist Jeff Bezos ein PR-Coup gelungen. Die Reise in Bildern, nachhaltig kommentiert.

Der Captain-Kirk-Darsteller im Kreise seiner Weltraum-Crew. Mit William Shatner ist dem Unternehmer Jeff Bezos ein besonderer PR-Coup gelungen. Hielten viele Beobachter den privaten Weltraumtourismus des Amazon-Gründers, sowie ähnliche Projekte der Milliardäre Richard Branson und Elon Musk, zunächst für blanken Egoismus auf Kosten der Umwelt, so hat die Mitnahme eines 90-jährigen Schauspielers als ältesten Menschen im All ja schon fast etwas Rührendes.

Kurz vor dem Einchecken in die Kapsel hatte Shatner noch so eine Art Einkaufszettel in die Kameras gehalten. Darauf stand, dass so ein Ausflug, wie er ihn nun machen will, eine gute Sache sei und dabei helfen könnte, den Planeten Erde zu retten. Wenn ein 90-Jähriger das mit einem Filzstift auf ein Stück Papier schreibt, dann wird das schon stimmen. Also, auf geht’s!

„Unendliche Weiten“: Jahrzehnte seines Lebens hatte sich der kanadische Darsteller, der auch Vater von drei Töchtern ist, bereits mit „fremden Galaxien“ befasst. Allerdings gab es die für ihn anfangs nur innerhalb der Pappkulissen jener Studios, in denen ab 1966 die überaus fantasievolle Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ gedreht wurde. Auch die Waffen, die William Shatner benutzte, waren äußerst originell.

Das Konzept von „Raumschiff Enterprise“ unterschied sich von Vorgängern wie „Flash Gordon“, „Buck Rogers“ oder dem deutschen Ableger „Raumpatrouille Orion“ gleich in mehrerlei Hinsicht: Die Serie war in Farbe gedreht; die Raumschiffe hingen nicht mehr sichtbar an Perlonschnüren herum und Wesen von anderen Planeten waren (trotz hässlicher Masken) nicht grundsätzlich böse, sondern manchmal sogar richtig nett. Und vor allem das war die Botschaft: Der hellhäutige amerikanische Durchschnittsmann kann im Team auch gut mit Frauen, Asiaten, Schwarzen und Langohrvulkaniern zusammenarbeiten. Denn: Sitzen wir nicht alle im gleichen Boot?

Seinen ersten Flug in der Blue-Origin-Kapsel von Jeff Bezos unternahm William Shatner mit drei weiteren Personen: Dem Nasa-Ingenieur Chris Boshuizen, dem Unternehmer Glen de Vries und der stellvertretenden Chefin von Blue Origin, Audrey Powers. Es ist der zweite bemannte Flug mit der Kapsel New Shepard. Beim ersten im Juli war Bezos selbst mit an Bord, zusammen mit seinem Bruder Mark, einer 82 Jahre alten früheren US-Pilotin und einem 18-jährigen Niederländer.

Klar: Wer als Fernseh-Astronaut drei Staffeln „Raumschiff Enterprise“ auf dem Buckel hat und sieben „Star Trek“-Kinofilme, wer als Kind bereits Tom Sawyer gespielt und später Wirtschaftswissenschaften studiert hat, wer auch mit Science-Fiction-Büchern, Sprechgesang und TV-Shows seit Jahrzehnten erfolgreich ist, der wird doch noch drei Minuten Schwerelosigkeit aushalten können. Selbst, wenn er 90 Jahre alt ist. Jeff Bezos war davon überzeugt und empfing die Crew natürlich direkt nach der Landung.

Und so ging es gegen 16.30 Uhr MEZ tatsächlich los. In den 1970er-Jahren, als der heute vierfach geschiedene Captain-Kirk-Darsteller noch finanzielle Probleme hatte, lebte er eine Zeit lang in einem Auto. Insofern dürfte ihm die Enge in der Kapsel überhaupt nichts ausgemacht haben.

Irgendwann vernahm die Welt sowieso nur noch das Rauschen der Triebwerke. Jeder Klimaschützer, der jetzt den CO₂-Ausstoß pro Weltraumtourist mit dem Hundertfachen eines Linienflugs von Zürich nach New York verglichen hätte, er wäre einfach nicht mehr gehört worden.

Was will man auch sagen, gegen einen rüstigen, 90 Jahre alten Raumfahrttouristen, der auf der Erde angeblich mehr als ein Dutzend Wohltätigkeitsorganisationen unterstützt und auch was gegen dressierte Delfine in Freizeitparks hat? So ein Flug sei schon immer ein Kindheitstraum von ihm gewesen, meinte William Shatner noch kurz vor seinem Abflug. Jeff Bezos hat mit ihm also offenbar alles richtig gemacht. Anders als der mitreisende Nasa-Ingenieur und der Unternehmer habe William Shatner übrigens nichts für sein Ticket bezahlt, berichtete die New York Times. Könnte freilich sein, dass Jeff Bezos Herrn Shatner was bezahlt hat.

Und so landete Captain Kirk nur etwa zehn Minuten nach seiner Reise in 100 Kilometer Höhe wieder in der texanischen Wüste. Wie sicher ihn die Fallschirme der (natürlich wieder vermietbaren) Kapsel zurück auf die Erde brachten! Die Höhe von 100 Kilometern gilt übrigens manchen als Grenze zwischen Erde und Weltraum. Aber dafür gibt es keine internationale Regelung. Jedenfalls hat Captain Kirk seinen kleinen Ausflug sichtlich genossen. "Ich bin überwältigt“, sagte er nach der Landung unter Tränen. Und wie nachhaltig dieser Kurztripp eines Pensionärs für die Menschheit und die Zukunft der Erde am Ende tatsächlich ist, das sollen ruhig andere entscheiden.

Team

Text Martin Zips
Digitales Storytelling Sophie Kobel, Christian Helten