Süddeutsche Zeitung

Kommunistische Partei:Xi ordnete offenbar schon Anfang Januar an, Coronavirus zu bekämpfen

Lesezeit: 2 min

Von Lea Deuber, Peking

Die Epidemie des Corona-Virus bringt Chinas Machthaber in Erklärungsnot. Die Zentralregierung in Peking wusste offenbar deutlich früher als bisher angenommen von der Gefährlichkeit des neuartigen Erregers. Wie eine am Samstag veröffentlichte Rede von Anfang Februar zeigt, erfuhr Staats- und Parteichef Xi Jinping bereits zwei Wochen bevor er sich zum ersten Mal öffentlich äußerte, von dem Ausbruch in der zentralchinesischen Stadt Wuhan. Schon Anfang Januar soll er erste Anweisungen gegeben hatte, um die Seuche zu bekämpfen. Zu diesem Zeitpunkt spielten die Lokalbehörden die Gefahr in der Öffentlichkeit noch herunter. Erst Ende Januar teilten diese mit, das Virus könne sich von Mensch zu Mensch ausbreiten.

Angeblich soll Xi auch die strengen Reisekontrollen in der besonders stark betroffenen Region Hubei angeordnet haben. Diese hatten fast 60 Millionen Menschen de facto unter Quarantäne gestellt. Erst in der vergangenen Woche hatte Xi als Reaktion auf die andauernde Krise mehrere hochrangige Politiker in Hubei entlassen und eigene Vertraute entsandt. Die anfängliche Vertuschung und die späte Reaktion waren bisher als Versagen der Lokalregierung dargestellt worden. Öffentlichen Unmut gegenüber den örtlichen Behörden hatte zuletzt der Tod eines Arztes ausgelöst, der den Ausbruch entdeckt hatte. Die örtliche Polizei hatte ihn zum Schweigen gezwungen, dann erkrankte er selbst.

Die Pekinger Zentralregierung scheint mit der Veröffentlichung von Xis Rede zu versuchen, den Parteichef nun als Krisenmanager der ersten Stunde zu inszenieren. Xi war zuvor in die Kritik geraten, nachdem er tagelang nicht in der Öffentlichkeit aufgetreten war. Zudem hatte er Ministerpräsident Li Keqiang nach Wuhan geschickt und war selbst nur kurz in einem Krisenzentrum in Peking aufgetreten.

Die neue Strategie ist nicht ungefährlich für den Parteichef, den die Epidemie in die schwerste Krise seiner Amtszeit gestürzt hat. Seit Wochen steht das Leben in China still. Firmen, Schulen und Universitäten sind aus Angst vor Neuansteckungen weiterhin in den meisten Teilen des Landes geschlossen. Die wirtschaftlichen Schäden werden schon jetzt auf bis zu einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts geschätzt. Sollte es Peking nicht gelingen, die Lage bald unter Kontrolle zu bringen, dürfte das Kritiker bei der Frage bestärken, ob die Zentralregierung in Angesicht der Krise möglicherweise zu spät oder nicht umfassend genug reagiert hat.

Die Zahl der Todesopfer stieg am Sonntag erneut um 142 Menschen auf nun 1665 seit Ausbruch des neuartigen Virus. Damit starben mehr als doppelt so viele Menschen wie während der Sars-Epidemie 2003. Mindestens 68 500 Menschen sind in China erkrankt. Experten vermuten noch eine deutlich höhere Dunkelziffer.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Chinas Staatschef habe "schon Anfang Januar" vom Coronavirus gewusst. Das war falsch formuliert. Tatsächlich gab er Anfang Januar bereits erste Anweisungen, um die Seuche zu bekämpfen, weil diese als bedrohlich eingestuft wurde.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4799771
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.