Süddeutsche Zeitung

Washington: Nahost-Gespräche:Gegen gemeinsame Feinde

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Der jüngste Anschlag von Hebron zeigt, dass Israelis und Palästinenser einen einen gemeinsamen Feind im Innern haben. Hinter der Hamas wird aber auch der äußere Feind sichtbar.

Peter Münch

Friedenssuche und Terror, Diplomatie und Drohung, Hoffnung und Enttäuschung - das sind die Bruderpaare in Nahost. Nie taucht der eine ohne den anderen auf, immer halten sie sich in Schach und sorgen damit für die notorische Instabilität der Region seit Jahrzehnten.

Es ist also ebenso tragisch wie erwartbar, dass die Friedensfeinde von der Hamas just am Vorabend neuer Gespräche ein Fanal setzen mit der Ermordung von vier Siedlern nahe Hebron. Das billige Kalkül solch blutiger Taten ist oft genug aufgegangen. In Washington jedoch hätten die versammelten Verhandler nun die Chance, nicht den alten Reflexen zu folgen, sondern neue Realitäten zu schaffen.

Bevor man dies mit dem erfahrungsgesättigten Diktum abtut, dafür seien die nahöstlichen Kontrahenten weder reif noch klug genug, lohnt sich ein Blick auf die komplexe Motivlage der israelischen wie der palästinensischen Seite. Denn auch wenn sich über die Jahrzehnte an deren Handlungsmustern wenig geändert hat, so haben sich doch die Rahmenbedingungen dramatisch gewandelt.

Kurz gesagt: Die Welt ist eine andere geworden, und auch am Krisenschauplatz selbst ist so viel in Bewegung geraten, dass grundsätzlich der Druck zum Friedensschluss viel höher ist als zum Beispiel vor zehn Jahren beim gescheiterten Anlauf in Camp David.

Es geht um die Ordnung einer zentralen Region der Welt

Zum einen zeigt der jüngste Anschlag von Hebron, dass es einen gemeinsamen Feind im Innern gibt. Denn mit ihrer Tat fordert die Hamas Palästinenserpräsident Machmud Abbas mindestens genauso heraus wie Israels Premierminister Benjamin Netanjahu.

Zudem wird hinter der Hamas der gemeinsame äußere Feind sichtbar: das Regime in Teheran. Iran ist schließlich nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern auch für Israels Nachbarn, weil das Regime auf schiitische Dominanz über die überwiegend sunnitische arabische Welt dringt.

Wenn Israelis und Palästinenser sich nun also in Washington an den Verhandlungstisch setzen, dann geht es um weit mehr als um den kleinkarierten Streit um einen Siedlungsbaustopp. Es geht letztlich um die Ordnung einer zentralen Region im Weltgefüge.

Aus dieser Perspektive betrachtet müssten die gemeinsamen Interessen stark genug sein, die Kontroversen zu überwinden. Wenn jedoch beide Seiten, was zu befürchten ist, nicht die Kraft und den Willen aufbringen zum Kompromiss im Kleinen, dann werden sie beide im Großen dafür bezahlen müssen.

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