Süddeutsche Zeitung

Wahljahr 2017:AfD-Landeschef: Machtkampf der Bundespartei wird in NRW ausgetragen

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In insgesamt sechs Bundesländern wird in den kommenden zwei Jahren gewählt. Zeit für die Parteien, sich allmählich darauf einzustellen, ihre Kandidaten aufzustellen und mögliche Meinungsverschiedenheiten, soweit möglich, beizulegen.

Der Landesparteichef der AfD in NRW, Marcus Pretzell, musste sich vor rund 350 Parteimitgliedern bei einer Versammlung in Rheda-Wiedenbrück scharfer Kritik aus seiner Partei stellen. Der Vorwurf: Bei der Wahl der Listenkandidaten sollen fünf Stimmzettel nicht ausgezählt, sondern vernichtet worden sein. "Mindestens Schönheitsfehler" seien diese nicht ausgezählten Stimmen, sagte Pretzell, "aber juristisch irrelevant". Denn: Wenn sie keinen Effekt auf das Endergebnis des Wahlgangs hätten, seien die fehlenden Stimmzettel nicht angreifbar.

Pretzell sieht sein Bundesland als Bühne für Konflikte, die eigentlich im Bundesvorstand schwelen. "Der Machtkampf der Bundespartei wird in NRW ausgetragen", sagte er am Rande der Wahlversammlung. Der jüngste Streit war eskaliert, nachdem der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke und Vize-Bundeschef Alexander Gauland den Zustand in NRW und Parteichef Pretzell scharf kritisiert hatten. Beide sind Gegner von Pretzell und dessen Lebensgefährtin Frauke Petry, Bundeschefin der Partei. Eine Niederlage Pretzells im parteiinternen Streit dürfte sich daher auch auf Petry auswirken.

Trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit der bisherigen Abstimmungen will die Partei die Listenwahlen nicht wiederholen. Sie wird mit den bereits gewählten 22 Kandidaten in den Wahlkampf ziehen.

"Zuhören, zuhören, zuhören"

Auch die CDU stimmt sich auf die kommenden Wahlen ein. In NRW kürte sie ihren Landeschef Armin Laschet zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2017, mit 97,4 Prozent. Laschet wird 2017 damit der vermutlich wichtigste Herausforderer von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).

Nachdem die NRW-CDU bei der Landtagswahl 2012 - damals noch unter Parteichef Norbert Röttgen - auf ein Rekordtief von 26,3 Prozent abgestürzt war, will Laschet die Christdemokraten nun zur stärksten Kraft machen. Regierungschefin Kraft und ihrer rot-grünen Koalition wirft er Versagen in zentralen Feldern wie Wirtschafts-, Bildungs- und Sicherheitspolitik vor.

Es werde ein harter Wahlkampf, sagte der 55-Jährige, "weil wir von Links- und Rechtsradikalen den Angriff auf die Mitte der Gesellschaft spüren". Viele Menschen hätten den Eindruck, die Politik höre ihnen nicht mehr zu. Seine Devise für die nächsten Monate ist deshalb: "Zuhören, Zuhören, Zuhören." Umfragen sehen CDU und SPD momentan nahezu gleichauf, zuletzt kamen beide auf 32 Prozent.

Althusmann verbreitet Aufbruchstimmung

Auch die CDU in Niedersachsen will 2018 zurück an die Macht. Sie hat dafür an diesem Samstag Bernd Althusmann zum Spitzenkandidaten gekürt. Der frühere Kultusminister wird bei der Landtagswahl am 14. Januar 2018 Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD herausfordern.

Wie Laschet erhielt auch er eine große Mehrheit der Delegierten-Stimmen: 98,55 Prozent, nur fünf der 345 Delegierten stimmten gegen ihn. In einer Rede vebreitete Althusmann Aufbruchstimmung: "Es ist zu 100 Prozent wieder da, dieses Kribbeln im Bauch", sagte der Politiker. Künftige Schwerpunkte seiner Politik sollen Sicherheit, Sozialpolitik und die Herausforderungen durch die Digitalisierung sein.

Im Falle seines Wahlsiegs wolle er Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gegen Einbruchskrimnalität einrichten, sagte Althusmann. Außerdem soll die Polizei insgesamt jünger werden und mehr Islamwissenschaftler beim Landeskriminalamt beschäftigt werden.

Althusmann löst mit seiner Kandidatur den früheren Ministerpräsidenten David McAllister (45) ab, der seit 2008 an der Spitze der Landes-CDU stand.

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