Süddeutsche Zeitung

Junge Alternative:Verfassungsschutz stuft AfD-Jugendorganisation als rechtsextrem ein

Lesezeit: 2 min

Die Aktivitäten der Jungen Alternative seien nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Einstufung könnte für Mitglieder der Organisation Auswirkungen auf die Erteilung von Waffenscheinen oder für die Beschäftigung im öffentlichen Dienst haben.

Der Verfassungsschutz stuft die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextrem ein. Auch zwei weitere Gruppierungen - das Institut für Staatspolitik (IfS) sowie der Verein "Ein Prozent e. V." - werden von nun an als Einrichtungen mit gesichert rechtsextremen Bestrebungen eingestuft, teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit. "Die Position des Instituts für Staatspolitik, Ein Prozent e. V. und der Jugendorganisation der AfD sind nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar", erklärte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. "Es bestehen keine Zweifel mehr, dass die drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen."

Die Junge Alternative war vom Verfassungsschutz bereits im Januar 2019 als Verdachtsfall eingestuft worden, das IfS im April 2020 und "Ein Prozent e. V." im Juni 2020. Seither wurden die Organisationen intensiver beobachtet. Die neue Einstufung könnte Auswirkungen etwa für die Beschäftigung von Mitgliedern der Organisationen im öffentlichen Dienst oder bei der Erteilung von Waffenscheinen haben. Die AfD selbst gilt weiter als rechtsextremistischer Verdachtsfall.

"Gefährlich sind nicht nur gewaltorientierte Rechtsextremisten, sondern auch geistige Brandstifter, die den Boden für Gewalt bereiten", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die Akteure der sogenannten "Neuen Rechten" verbreiteten nichts als Hass und Ausgrenzung gegenüber Andersdenkenden, Geflüchteten und Menschen mit Migrationsgeschichte. "Das versuchen sie mit einem vermeintlich gebildeten, moderneren Antlitz zu verbinden. Doch die menschenverachtenden Ideologien dahinter sind klar", sagte Faeser.

Der Jugendorganisation der AfD wird vorgeworfen, dass sie nachweislich das demokratische System der Bundesrepublik gezielt herabwürdigt. Zudem vertritt die Organisation laut Verfassungsschutz ein Volksverständnis, das deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund ausgrenzt und sie als Deutscher zweiter Klasse abwertet. Migranten außereuropäischer Herkunft würden sogar als grundsätzlich nicht integrierbar ausgegrenzt. Fremdenfeindliche Argumentationsmuster würden sich mit islamfeindlichen Ressentiments verbinden, heißt es darüber hinaus zur Begründung für die Hochstufung.

Die AfD hatte versucht, die Beobachtung der JA und der Gesamtpartei als Verdachtsfall jeweils mit juristischen Mitteln zu verhindern. Beide Klagen scheiterten jedoch vor dem Verwaltungsgericht Köln. Die Partei legte später Berufung gegen die Urteile ein. Das Verfahren am Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.

Ständig menschenunwürdige und demokratiefeindliche Ideologien

Bei einem Verdachtsfall liegen "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor. Das Bundesamt für Verfassungsschutz kann dann personenbezogene Daten auswerten und speichern. Das Bundesamt kann auch bei Verdachtsfällen bereits unter strengen Voraussetzungen schon nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, also heimlich Informationen beschaffen - etwa durch Observation oder das Anwerben von Informanten. Nach einer gewissen Zeit, deren Dauer auf Bundesebene nicht gesetzlich geregelt ist, entscheidet der Verfassungsschutz, ob sich der Verdacht erhärtet oder nicht.

Die Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung hat konkrete Folgen: Die Verhältnismäßigkeit beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wird anders bewertet. Wird zu jemandem, der einer extremistischen Bestrebung zugerechnet wird, eine Sicherheitsüberprüfung vorgenommen - etwa weil er eine Erlaubnis zum Besitz von Waffen beantragt -, fällt das, was der Verfassungsschutz dafür zuliefert, anders aus.

Der Verfassungsschutz berichtet zudem ausführlicher über die ihm vorliegenden Erkenntnisse. "Es ist Aufgabe und Pflicht des BfV, zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die Öffentlichkeit über solche Bestrebungen aufzuklären", sagte Haldenwang. Das Propagieren von Feindbildern und das Schüren von Ressentiments in der Bevölkerung seien generell geeignet, "den Boden für unfriedliche Verhaltensweisen gegenüber den Betroffenen zu bereiten".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5822725
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/Reuters/dpa/hij
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.