Süddeutsche Zeitung

Krise in Venezuela:Guaidó will US-Militärintervention nicht ausschließen

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Venezuelas selbsternannter Übergangspräsident Juan Guaidó will eine von ihm autorisierte US-Militärintervention nicht ausschließen. Er werde "alles Notwendige" tun, um Menschenleben zu retten, sagte der Parlamentspräsident in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Ein mögliches Eingreifen der USA sei aber ein "sehr brisantes Thema". Die Amerikaner schließen eine Intervention bislang nicht aus.

Nach Angaben aus amerikanischen Regierungskreisen stehen die USA in direktem Kontakt mit venezolanischen Militärs, um sie zu einer Abkehr von Präsident Nicolás Maduro zu bewegen. Die Gespräche seien allerdings "sehr, sehr begrenzt", sagte ein hochrangiges Regierungsmitglied der Nachrichtenagentur Reuters. Neue Sanktionen gegen Venezuela würden vorbereitet, hieß es. Dort gibt es etwa 2000 Generäle, von denen der Großteil bislang zu Maduro hält.

In Venezuela herrscht seit Wochen ein erbitterter Machtkampf zwischen Staatschef Maduro und Guaidó, der sich im Januar zum Übergangspräsidenten ausgerufen hatte. Mittlerweile haben sich rund 40 Länder hinter Guaidó gestellt, unter ihnen die USA, Deutschland und weitere EU-Staaten sowie eine Reihe südamerikanischer Länder.

Die internationale Anerkennung Guaidós wirft einem Gutachten des Bundestags zufolge völkerrechtliche Fragen auf. Es gebe "starke Gründe für die Annahme", dass die Anerkennung Guaidós eine Einmischung in innere Angelegenheiten sei, heißt es in der siebenseitigen Expertise, die von der Linksfraktion in Auftrag gegeben wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Frage sei "durchaus berechtigt", ob dies nicht als unzulässige Intervention zu bewerten sei.

Unterdessen hängen die Lastwagen mit amerikanischen Hilfslieferungen in Form von Nahrungsmitteln und Medikamenten an der Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela fest, weil das venezolanische Militär sie nicht ins Land lässt. Maduro sagte, Washington habe die humanitäre Krise in seinem Land "erfunden", um eine "Intervention" zu rechtfertigen. In Venezuela herrscht als Folge der politischen und wirtschaftlichen Krise ein extremer Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Nach Angaben von Guaidó drohen 300 000 Todesfälle, wenn die Hilfslieferungen nicht ins Land gelassen werden. Erst am Mittwoch seien acht Kinder unter drei Jahren gestorben, die dehydriert und unterernährt gewesen seien. Guaidó kündigte für die kommende Woche einen neuen Versuch an, um die Hilfe doch noch ins Land zu bringen.

Der selbsternannte Übergangspräsident appellierte an das Militär, die Hilfslieferungen über die Grenze zu lassen. Das Militär stehe dabei vor einem "riesigen Dilemma", sagte er in dem Interview. Angesichts des "riesigen Bedarfs" sei es "geradezu erbärmlich", die Hilfe abzulehnen. "Die Einfuhr dieser Hilfe zu blockieren, könnte als Verbrechen gegen die Menschlichkeit angesehen werden", sagte der Oppositionsführer.

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