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US-Politik:Republikaner wollen im Machtkampf schnell abstimmen

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Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, will einen Antrag zur eigenen Absetzung noch im Laufe des Tages zur Wahl stellen. Eine Niederlage wäre ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der USA.

Im Machtkampf der US-Republikaner im Repräsentantenhaus soll noch am Dienstag (Ortszeit) eine Entscheidung fallen. Der Sprecher der Kongresskammer Kevin McCarthy kündigte an, einen Antrag zu seiner eigenen Absetzung im Tagesverlauf zur Abstimmung zu stellen. Der "motion to vacate" (etwa: Räumungsantrag) war von seinem erzkonservativen Parteikollegen Matt Gaetz eingereicht worden aus Wut über den Kompromiss mit den Demokraten im US-Haushaltsstreit. Der Ausgang der Abstimmung war ungewiss.

Sollte McCarthy abgesetzt werden, dürfte die Suche nach einem neuen Vorsitzenden die Arbeit im Repräsentantenhaus zunächst zum Erliegen bringen. Das würde auch die ohnehin schwierigen und zeitkritischen Verhandlungen mit dem Senat über einen endgültigen Haushalt treffen. Der Aufstand der Erzkonservativen gegen McCarthy ist eine direkte Folge des Haushaltsstreits. Dieser brachte in der vergangenen Woche die Bundeseinrichtungen der USA an den Rand einer Etat-Sperre.

McCarthy hatte trotz Warnungen einer Gruppe von etwa zwei Dutzend Hardlinern auf die Hilfe der Demokraten zurückgegriffen, um den Shutdown durch eine Übergangsfinanzierung bis zum 17. November abzuwenden. McCarthy erklärte, er sei bereit, sein Amt zum Wohle der US-Bürger zu riskieren. Auch am Montagabend gab er sich kämpferisch. "Mach mal", schrieb er auf dem Netzwerk X an Gaetz gerichtet.

In der knapp 250-jährigen Geschichte der USA ist noch nie der Vorsitzende des Repräsentantenhauses von seiner eigenen Partei abgewählt worden. Unklar ist, wie McCarthys Chancen stehen. Der Sprecher des Repräsentantenhauses braucht für die Abstimmung die Unterstützung der Demokraten. Andernfalls würde er wohl seinen Job verlieren. Die Republikaner haben in der Kammer eine knappe Mehrheit von 221 zu 212 Stimmen. Es würden also fünf republikanische Abweichler reichen, um ihn zu stürzen. Sein Widersacher Gaetz hat jedoch vermutlich um die 20 Nein-Stimmen hinter sich versammelt.

Ebenfalls unbekannt ist, ob die Demokraten McCarthy helfen werden. Viele von ihnen sind verärgert, weil er ein Amtsenthebungsverfahren gegen den demokratischen Präsidenten Joe Biden zuließ. Dieses galt aber als chancenlos. Gemäßigte Republikaner zeigten wenig Interesse an einem Führungswechsel. Auch konservative Abgeordnete wie Marjorie Taylor Greene wiesen darauf hin, dass es keinen Alternativ-Kandidaten gebe. "Es ergibt einfach keinen Sinn", sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters.

Abschreckend könnte auch wirken, dass McCarthy im Januar erst nach 15 Wahlgängen im Amt bestätigt wurde. Ein neues, ähnlich langwieriges Verfahren könnte den Bürgern angesichts des Haushaltsstreits und der aktuell vergleichsweise hohen Inflation schwer zu vermitteln sein. Zudem werfen die Querelen ihre Schatten auf die bevorstehenden Wahlen im November 2024. Dann wird nicht nur ein neuer Präsident gewählt, sondern auch ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus.

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SZ/Reuters/pram
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