Süddeutsche Zeitung

Fall Roger Stone:Mehr als 1100 frühere Justizmitarbeiter fordern Rücktritt von US-Justizminister Barr

Lesezeit: 1 min

Im Streit um politische Einmischung in Verfahren haben mehr als 1100 ehemalige Staatsanwälte und Juristen des US-Justizministeriums den Rücktritt von Justizminister William Barr gefordert. Trump und Barr hätten offen und wiederholt gegen das fundamentale Prinzip einer unabhängigen Justiz verstoßen, die alle US-Bürger gleich behandle, schreiben die Juristen in einem am Sonntag verbreiteten offenen Brief, zuletzt im Fall des langjährigen Trump-Vertrauen Roger Stone.

"Regierungen, die die enorme Macht der Strafverfolgung nutzen, um ihre Feinde zu bestrafen und ihre Verbündeten zu belohnen, sind keine rechtsstaatlichen Republiken, sondern Autokratien", heißt es weiter.

Der Trump-Vertraute Stone muss sich derzeit wegen seiner Rolle in der sogenannten Russland-Affäre vor Gericht verantworten. Die Ankläger hatten dem Bundesgericht in Washington am vergangenen Montag eine Haftstrafe von sieben bis neun Jahren Gefängnis empfohlen. Trump kritisierte die Empfehlung dann auf Twitter vehement. Wenige Stunden später sprach sich das Justizministerium - das der Staatsanwaltschaft übergeordnet ist - für ein deutlich milderes Strafmaß aus. Die vier mit dem Fall befassten Ankläger traten zurück, was weithin als Protest gegen die offenbar politisch motivierte Einmischung der Regierung verstanden wurde.

Barr forderte Trump am Donnerstag im US-Fernsehen auf, sich nicht mehr über Twitter in laufende rechtliche Verfahren einzumischen. Dessen Tweets über Staatsanwälte seines Ministeriums "machen es mir unmöglich, meinen Job zu machen", klagte Barr. Aus Sicht einiger Kommentatoren könnte es sich bei Barrs Ansage um einen mit dem Weißen Haus vereinbarten Versuch der Schadensbegrenzung gehandelt haben. Darauf deutete die verhaltene Reaktion Trumps hin, der Kritik an ihm üblicherweise mit harten verbalen Gegenschlägen beantwortet.

Auch die Unterzeichner des offenen Briefes überzeugt Barrs öffentliche Distanzierung von Trump offensichtlich nicht. Zwar habe Barr eingeräumt, dass sich der Präsident nicht in die Strafverfolgung einmischen dürfe, so die Anwälte. "Aber Herrn Barrs Taten - wie er nach der Pfeife des Präsidenten tanzt - sprechen leider lauter als seine Worte", heißt es in dem Schreiben weiter.

Alles Wichtige zur Wahl in den USA in unserem neuen wöchentlichen Newsletter - jeden Donnerstag in Ihrem Postfach. Kostenlose Anmeldung: sz.de/usa-newsletter

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4801073
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.