Süddeutsche Zeitung

Wahlen in Ungarn:Orbán gewinnt deutlich

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Die Partei Fidesz des Ministerpräsidenten liegt klar vorne. Es wird die vierte Amtszeit in Folge für Viktor Orbán sein, der mit der EU zahlreiche Konflikte hat.

Die rechtsnationale Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán hat die Parlamentswahl in Ungarn deutlicher gewonnen als erwartet. Nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen kam sie auf 54 Prozent, wie das ungarische Wahlbüro am späten Sonntagabend mitteilte. Zugleich dürfte sie 135 der 199 Mandate errungen haben und damit erneut über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügen.

Das Oppositionsbündnis "Ungarn in Einheit" ( Egységben Magyarországért) kam auf 35 Prozent der Stimmen und 56 Mandate. Den Einzug ins Parlament schaffte außerdem die rechtsradikale Partei "Unsere Heimat" ( Mi Hazánk Mozgalom) mit sechs Prozent der Stimmen und sieben Mandaten. Ein für nationale Minderheiten erreichbares Mandat ging an die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen.

"Wir haben einen gewaltigen Sieg errungen", sagt Orbán in der Wahlnacht vor Anhängern. "Einen so gewaltigen Sieg, dass man ihn sogar vom Mond aus sieht, aber von Brüssel aus ganz gewiss." Damit spielte er auf seine permanenten Konflikte mit der EU an, der sein Land seit 2004 angehört. Orbán kann nun voraussichtlich zum vierten Mal in Folge mit einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit regieren.

Der Spitzenkandidat der Opposition, Péter Márki-Zay, gestand die Niederlage ein. "Aber wir bleiben hier, wir setzen uns für jeden ein, wir bleiben der Macht auf den Fersen", sagte er. Die Allianz "Ungarn in Einheit" setzt sich aus sechs Parteien zusammen, darunter linke, rechte, grüne und liberale.

Wahlgesetze bevorzugen Orbáns Fidesz-Partei

Kritiker werfen Orbán einen autoritären Regierungsstil vor. In der EU hat er zahlreiche Konflikte vom Zaun gebrochen, so etwa mit Verstößen gegen das Asylrecht und Maßnahmen zur Schikane von Zivilorganisationen.

Verstörend wirkt auch seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Von ihm hat sich Orbán auch nach dem militärischen Angriff Russlands auf die Ukraine nicht wirklich distanziert.

Vor vier Jahren hatte Orbáns Fidesz-Partei mit 49 Prozent der Stimmen mehr als zwei Drittel der 199 Parlamentsmandate gewonnen. Aus diesem Grund trat die Opposition diesmal vereint an. Sechs Parteien schufen die gemeinsame Liste "Ungarn in Einheit" und ermittelten in selbst organisierten Vorwahlen die gemeinsamen Kandidaten für die 106 Direktwahlkreise. Auch der gemeinsame Spitzenkandidat, der parteilose Konservative Márki-Zay, ging aus diesen Vorwahlen hervor.

Dem Oppositionsbündnis gehören die Ungarische Sozialistische Partei (MSZP), die ebenfalls sozialdemokratische Demokratische Koalition (DK), die links-grüne Dialog-Partei, die grüne Partei LMP, die liberale Momentum-Partei und die rechts-konservative Partei Jobbik (Die Besseren) an. Spitzenkandidat Márki-Zay ist seit 2018 Bürgermeister der südostungarischen Kleinstadt Hódmezővásárhely. Der Ort hatte vor seiner Wahl als Fidesz-Hochburg gegolten.

Orbán warf Opposition "Pakt" mit der Ukraine vor

Die Wahl ist vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine überschattet. In einem Fernsehinterview am Samstag unterstellte Orbán der Opposition, sich in den Krieg in der benachbarten Ukraine einmischen zu wollen. "Die Linke hat mit den Ukrainern einen Pakt geschlossen, und wenn sie gewinnt, zieht sie Ungarn in den Krieg hinein", sagte er. Tatsächlich gibt es einen solchen Pakt nicht, und Orbán legte dafür auch keine Beweise vor.

Linke Parteien bilden wiederum nur einen Teil des Oppositionsbündnisses. Dessen Spitzenkandidat Márki-Zay ist ein bekennender Katholik mit wirtschaftsliberalen Auffassungen. Auf der Abschlusskundgebung der Opposition am Samstag in Budapest warf er dem Regierungschef wegen seiner Haltung zu Moskau "Landesverrat" vor. "Wir alle schämen uns für Viktor Orbán", sagte er.

Orbán, der 2014 die "illiberale Demokratie" nach russischem Vorbild ausgerufen hatte, änderte auch die Wahlgesetze derart, dass es für politische Konkurrenten immer schwieriger wird, ihn abzuwählen. Der Zuschnitt der Wahlkreise sowie das Wahlrecht für ethnische Ungarn in den Nachbarländern begünstigen seine Fidesz-Partei. Außerdem stellte Orbán die Ressourcen der Regierung und des Staates ungeniert in den Dienst der Fidesz-Wahlwerbung. Wahlforschern zufolge gab das Fidesz-Lager acht bis zehn Mal so viel Geld für den Wahlkampf aus wie die Opposition.

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