Süddeutsche Zeitung

Umstrittene Thesen zu Migration:Merkel empört über Sarrazin

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"Verletzend und polemisch": Bundeskanzlerin Angela Merkel hat empört auf Äußerungen von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin über muslimische Migranten reagiert.

S. Höll u. C von Bullion

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat empört auf Äußerungen von Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin über muslimische Migranten reagiert. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach am Mittwoch von Darstellungen, "die die Bundesregierung, die Bundeskanzlerin nicht ganz kaltlassen".

Es handle sich um Formulierungen, "die für viele Menschen in diesem Land nur verletzend sein können, die diffamieren, die sehr, sehr polemisch zuspitzen". Bei der großen Aufgabe, bei der Integration voranzukommen, seien sie "überhaupt nicht hilfreich".

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete Sarrazins Äußerungen als teilweise "dämlich". Er will Sarrazins neues Buch "Deutschland schafft sich ab" hinsichtlich rassistischer Inhalte prüfen. Über einen Parteiausschluss, der erneut von der Berliner SPD gefordert wurde, wollte Gabriel nicht spekulieren.

Er brachte einen freiwilligen Austritt aus der SPD ins Gespräch. "Wenn Sie mich fragen, warum Sarrazin bei uns noch Mitglied ist - das weiß ich auch nicht", sagte er.

In seinem Buch kritisiert Sarrazin die Zuwanderungspolitik. Wegen hoher Geburtenraten bei Moslems drohe Deutschland "von den Migranten übernommen" zu werden. "Aus heutiger Sicht war die Gastarbeitereinwanderung der sechziger und siebziger Jahre ein gigantischer Irrtum", schreibt er. "Belastbare empirisch-statistische Analysen, ob die Gastarbeiter und deren Familien für Deutschland überhaupt einen Beitrag zum Wohlstand erbracht haben oder erbringen werden, gibt es nicht."

Für Italiener oder Spanier ließe sich die Frage meist bejahen. "Für Türken und Marokkaner wird man sie sicher verneinen können." Zugewanderte Moslems seien meist ökonomisch nutzlos und ließen sich vom Sozialstaat versorgen.

Sarrazin forderte Kürzungen von Sozialleistungen, wenn zu wenig für Arbeit oder Ausbildung getan werde. Wer ein Kind unentschuldigt im Kindergarten fehlen lasse, solle weniger Essensgeld bekommen. Alle Ausländer sollen in einer Datenbank erfasst werden.

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Quelle:
SZ vom 26.08.2010
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