Süddeutsche Zeitung

Tunesien:Ex-Diktator Ben Ali gestorben

Lesezeit: 1 min

Sein Sturz und seine Flucht bedeuteten 2011 den Beginn des Arabischen Frühlings. Mit 83 Jahren ist der frühere Herrscher nun im Exil gestorben.

Von Moritz Baumstieger, München

Der frühere tunesische Langzeitherrscher Zine al-Abidine Ben Ali ist im Alter von 83 Jahren in seinem Exil in der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda gestorben. Das meldeten tunesische Medien am Donnerstag unter Berufung auf Familienmitglieder des Ex-Diktators. Ben Ali regierte das Land von 1987 bis 2011. Nachdem sich im Dezember 2010 ein verzweifelter junger Mann in der tunesischen Provinzstadt Sidi Bouzid selbst verbrannt hatte, kam es auch in der Hauptstadt Tunis zu Massenprotesten, die sich zunächst gegen Behördenwillkür richteten, bald aber auch ein Ende der Diktatur forderten. Dass Ben Ali am 13. Januar verkündete, nicht mehr bei der damals für 2014 geplanten Wahl anzutreten, konnte die Stimmung nicht mehr drehen: Nur einen Tag später flüchtete er mit seiner Familie aus dem Land und lebte in der Folge abgeschottet in Saudi-Arabien. Die tunesischen Bürger stürmten daraufhin seine Paläste und die der Familie Trabelsi, den Verwandten von Ben Alis Ehefrau Leïla - Bilder, die im arabischen Ausland aufmerksam verfolgt wurden. Die tunesische Jasminrevolution fand schnell Nachahmer, auch in Libyen, Ägypten und Sudan stürzten bald die Diktatoren. Anders in Syrien und Bahrain; dort schlugen die Regimes mit Härte zurück.

Die Nachricht vom Tod des Ex-Diktators trifft Tunesien in bewegten Zeiten. Am vergangenen Sonntag waren die Bürger des einzigen Staates, der nach dem sogenannten Arabischen Frühling den Übergang zur Demokratie meisterte, aufgerufen, zum zweiten Mal einen neuen Präsidenten an den Urnen zu bestimmen. Nach Ben Ali hatte zunächst ein Übergangspräsident regiert, der dann erste regulär gewählte Amtsinhaber Beja Caïd Essebsi war im Juli mit 92 Jahren gestorben. Schon am Wahltag gab es Gerüchte, dass Ben Ali in eine Klinik eingeliefert und ins Koma gefallen sei. Der Partner seiner Tochter, ein amerikanisch-tunesischer Rapstar, bestätigte das auf seinen Kanälen in den sozialen Medien. Während die Zukunft Tunesiens ungewisser denn je ist - einer der beiden Kandidaten für die Stichwahl um das Präsidentenamt sitzt in Haft - schließt sich mit dem Tod des Diktators nun ein Kapitel der Vergangenheit.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4608372
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.09.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.