Süddeutsche Zeitung

Türkei:NRW-Regierung wehrt sich gegen einen Besuch von Erdoğan

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Die SPD-geführte nordrhein-westfälische Landesregierung hat die Bundesregierung aufgefordert, einen möglichen Auftritt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in dem Bundesland zu verhindern. "Es ist Aufgabe des Bundes, dafür zu sorgen, dass solche Auftritte weder in NRW noch irgendwo anders in Deutschland stattfinden", sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Die Freiheit der Meinungsäußerung hier darf nicht missbraucht werden, um für eine Verfassungsänderung in der Türkei zu werben, mit der Grundrechte eingeschränkt und die Todesstrafe wieder eingeführt werden sollen", sagte er.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), ist dafür, dass "sich jeder bei Wahlkämpfen auf sein eigenes Land beschränkt". Solche Auftritte vergifteten die Atmosphäre in Deutschland und würden dem friedlichen Zusammenleben schaden, sagte Özoğuz den Dortmunder Ruhr Nachrichten.

Sven Lehmann, der Landesvorsitzende der Grünen, die mit der SPD in NRW die Regierung bilden, sagte: "Erdoğan spaltet die Türkei und kassiert nach und nach grundlegende Freiheitsrechte." Die Bundesregierung müsse deutlich machen, dass man hier keine "antidemokratischen Werbeveranstaltungen" wolle.

Vorsitzender der Türkischen Gemeinde ist gegen ein Verbot

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoğlu, hat sich gegen ein Verbot ausgesprochen. "Ein Besuch Erdoğans und ein öffentlicher Auftritt in Deutschland sollten nicht verboten werden", sagte Sofuoğlu der Rheinischen Post. Deutschland habe eine starke Demokratie, die Erdoğan aushalten könne. "Erdoğan muss aber akzeptieren, dass er in Deutschland kritisiert wird und dass seine Kritiker keine Heimatverräter oder Terroristenschützer sind."

Die Türkische Gemeinde geht davon aus, dass Erdoğan ab Ende März Deutschland besuchen wird. "Ich rechne damit, dass Erdogan zwischen dem 27. März und dem 9. April nach Deutschland kommt. In dieser Zeit können die im Ausland lebenden Türken ihre Stimme zum Referendum der Verfassungsänderung abgeben."

Erdoğan-Besuch von der Bundesregierung noch nicht bestätigt

Die Bild-Zeitung hatte unter Berufung auf einen hochrangigen Diplomaten berichtet, Erdoğan wolle im März in NRW für das neue Präsidialsystem in seinem Land werben. Der Bundesregierung ist allerdings bislang nichts von einem konkreten Wunsch des türkischen Präsidenten bekannt, nach Deutschland zu kommen, wie zu Wochenbeginn Regierungssprecher Steffen Seibert gesagt hatte. Erdoğan hat in der Vergangenheit bereits Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland abgehalten, in Köln zum Beispiel.

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