Süddeutsche Zeitung

Unruhe in der Türkei:Eiskalte Rachepolitik

Die Hoffnungen auf eine baldige Beilegung des Konflikts zwischen Ankara und der PKK schwinden. Der Krieg rückt näher an Europa heran.

Kommentar von Mike Szymanski

In der Türkei ist wieder ein blutiges Wochenende zu Ende gegangen. Die furchtbare Bilanz: mindestens drei Tote und Dutzende Verletzte allein bei Anschlägen, für die türkische Behörden die PKK verantwortlich machen.

Auf kurdischer Seite sollen seit Beginn der Kämpfe mindestens 260 Menschen ums Leben gekommen sein. Die Nachrichten aus der Türkei ähneln in erschreckender Weise jenen aus den Nachbarländern, die längst im Chaos versunken sind. Der Krieg rückt näher an Europa heran.

Mit jedem Anschlag, mit jedem Kampfeinsatz der türkischen Armee schwindet die Hoffnung auf eine schnelle Beilegung des Konflikts. Vernunft oder Verhältnismäßigkeit ist auf keiner Seite auszumachen.

Die PKK exekutiert eine eiskalte Rachepolitik, die an ihre finstersten Zeiten erinnert. Im Frühjahr noch schien sie zu einem Frieden mit der Türkei bereit zu sein. International sah man sich bereits vor die Frage gestellt, ob es nicht an der Zeit ist, die PKK von den Terrorlisten zu streichen. Jetzt zeigt sich: leider nein.

Rachegefühle leiten auch den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Er will der gesamten kurdischen Bewegung einen Schlag versetzen. Er zielt genauso auf ihre parlamentarische Vertretung, die HDP, die ihm bei der Wahl im Juni den Weg zur absoluten Herrschschaft in der Türkei verbaut hat. Ihm scheint seine Macht sogar wichtiger zu sein als der Frieden im Land.

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Quelle:
SZ vom 03.08.2015
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