Süddeutsche Zeitung

Donald Trump:Wahlkämpfer und Geschichtenerzähler

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Donald Trump hat seine Präsidentschaftskandidatur für die US-Wahlen 2020 verkündet. In den Wahlkampf startete er mit einer Übertreibung.

Von Christian Zaschke

Die amerikanischen Präsidentschaftswahlen stehen erst in 16 Monaten an, doch für Donald Trump hat der Wahlkampf nun auch offiziell bereits begonnen. Übrigens, nicht ganz untypisch für ihn, mit einer Übertreibung: Als sich am Montag die ersten Anhänger in Orlando, Florida, vor der Halle anstellten, in der Trump am Dienstag erklären wollte, dass er erneut als Präsidentschaftskandidat der Republikaner antritt, schrieb er auf Twitter, dass schon "Tausende Menschen" Schlange stünden. In Wahrheit waren es etwa 250.

In den kommenden Monaten wird immer wieder die Frage aufkommen, ob Äußerungen dieser Art eine glatte Lüge sind oder eben bloß Ungenauigkeiten. Trumps Anhänger nehmen es ihm nicht übel, dass er alles aufbläst und verdreht, dass er die Realität fortwährend verknappt oder verbiegt. Seine Gegner treibt es hingegen nahezu zur Verzweiflung, dass er sich auf diese Weise jeglichem Zugriff entzieht. Die Washington Post listet seit Trumps Wahlsieg im Jahr 2016 akribisch jede Äußerung des Präsidenten auf, die sich nicht mit der Realität in Einklang bringen lässt. Mittlerweile zählt die Zeitung mehr als 10 000 solcher Äußerungen. Trump behauptet, dass die Post ihrerseits lüge.

Der Wahlkämpfer Trump ist ein Geschichtenerzähler; ob diese Geschichten der Wahrheit entsprechen, ist dabei meist zweitrangig. Unterstützt wird er von Menschen, die seine Versionen der Geschehnisse verteidigen. Bis vor Kurzem hatte er zum Beispiel in Sarah Huckabee Sanders eine treue Pressesprecherin. Zum Abschied sagte sie, sie hoffe, dass man sie für ihre Offenheit und Transparenz in Erinnerung behalten werde. Das klang wie der lustigste Witz, den man seit Langem in Washington gehört hatte, aber es ist zu vermuten, dass sie das vollkommen ernst meinte. So ist es oft in Trumps Universum: Das Gegenteil des Offensichtlichen wird zur Wahrheit erklärt.

2016 führte Trump einen eher instinktiven Wahlkampf mit einem kleinen Team. Das republikanische Establishment blickte mit Skepsis auf den Mann, der die Basis an seiner Seite wusste, die etablierten Kräfte jedoch regelmäßig brüskierte. Das ist nun anders, die Partei steht geschlossen hinter Trump, er hat sie sich gefügig gemacht. Mitch McConnell, der Fraktionschef der Republikaner im Senat, ist ein ergebener Diener des Präsidenten, er hält die Partei auf Linie. Das führt unter anderem dazu, dass Trump seinen zweiten Wahlkampf nicht nur mit der geballten Wucht des Parteiapparats führen wird, sondern auch mit deutlich mehr Geld. Die großen Spender, die sich 2016 merklich zurückhielten, sind diesmal mit an Bord. Es wird daher für die Demokraten womöglich noch schwieriger als im Jahr 2016, Trump zu besiegen.

Dass Trump seinen Wahlkampf in Florida eröffnete, ist nur konsequent. Er muss in diesem Staat gewinnen, wenn er eine Chance haben will, wiedergewählt zu werden. Weitere entscheidende Staaten werden Michigan, Pennsylvania und Wisconsin sein, wo Trump 2016 jeweils nur knapp vorne lag. Seine Berater wollen, dass er sich auf diese Staaten konzentriert. Mehreren Zeitungsberichten zufolge würde Trump jedoch gern auch öfter in Minnesota auftreten, wo er 2016 nur knapp verlor. Er habe den Eindruck, dass er den Staat mit einem einzigen weiteren Auftritt hätte gewinnen können, wird er zitiert.

Das Herz der Kampagne sitzt in Arlington, Virginia. Dort arbeitet ein wachsendes Team daran, dass der Wahlkampf bis 2020 zum einen von der Trump'schen Impulsivität lebt, zum anderen aber auch viel präziser wird als im Jahr 2016. Dort wird zum Beispiel exakt festgelegt, wie sämtliche Botschaften auszusehen haben, Schriftart und Schriftgröße eingeschlossen. Was sich allerdings rasch zeigte: Trumps Nutzung der sozialen Medien ist nicht zu kontrollieren. In Arlington haben sie daher beschlossen, das als Stärke anzusehen.

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Quelle:
SZ vom 19.06.2019
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