Süddeutsche Zeitung

Trump:Über Recht

Der Präsident testet die Verfassung, wie keiner vor ihm.

Von Stefan Kornelius

Im demokratischen Spektrum ist das US-Präsidentenamt in seiner Machtfülle nahezu einzigartig. Der Präsident ist oberster Regierungsbeamter, Oberbefehlshaber und nimmt über die Auswahl der Bundesrichter auch Einfluss auf die künftige Rechtsprechung. Nur der Kongress kann ihm Widerstand leisten. Legislative gegen Exekutive - das ist die Uraltformel, aus der diese Demokratie ihre explosive Kraft bezieht.

Für manchen Geschmack ist gerade ein bisschen zu viel Explosionspotenzial vorhanden. Donald Trump hat die Sache noch einmal zugespitzt, indem er nun das Oberste Gericht hineinzog in seine Konflikte: Die höchste Gerichtsinstanz soll entscheiden, ob der Präsident in einem Ermittlungsverfahren (um Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung) mitwirken muss. Wohlgemerkt: Das Verfahren richtet sich (noch) nicht gegen Trump direkt. Es ist Teil der vielfältigen Untersuchungen zur Wahl 2016.

Trump behauptet in vollendeter Plumpheit, er stünde über dem Gesetz. Schließlich mache der Präsident die Gesetze, wie also könne er sich ihnen unterwerfen. Das ist natürlich provokativer Humbug. Aber tatsächlich lässt die Verfassung viele Fragen offen - etwa ob sich ein Präsident selbst begnadigen kann. Der Wettstreit um die Privilegien der Exekutive und die Grenzen des Rechts bieten Stoff für Thriller und Rechtsseminare. Nun wandert das Thema vor ein Gericht, das Trump bereits nach seinen Vorstellungen besetzt hat. Dieser Mann testet die Verfassung wie noch keiner seiner 44 Vorgänger.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2019
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